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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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füllt worden. Wir brachten sie mit keinen wichti-
gern Betrachtungen zu, und erhielten endlich die
artige Nachricht, das Postschiff sei vor andert-
halb Stunden hinter den Inseln am jenseitigen
Ufer vorüber gefahren. Die ganze Gesellschaft
sah jetzt etwas dumm aus. Unser gütiger Wirth
sagte uns einige verbindliche Dinge über die Freu-
de, uns wieder nach seinem hause zurückzufüh-
ren, die nur bedingt wahr waren, die wir mit
eben solchen nur bedingt wahren beantworteten,
worauf wir mit anscheinender Seelengröße wieder
nach Moosbach zurückzogen. Meine Papiere wa-
ren eingepackt, meine Bücher, unser ganzes Ge-
päck blieb in Bibrich, um den folgenden Morgen
bei einem zweiten Versuch abzureisen, gleich bei
der hand zu sein, und nun hatte der Tag noch
viele Stunden, die ich auszufüllen gar kein Mit-
tel hatte, als mein Strickzeug. Das ist eine be-
schränkte Beschäftigung! Plötzlich lernte ich die
Wege des Schicksals verstehen. Dieses mir aufge-
drungene Geschenk von vier und zwanzig müßigen
Stunden, war zu einem Besuch in Elfeld bei
eurer alten Bonne bestimmt. Ich folgte dem
Winke der waltenden Macht, und traf Anstalten,
daß mich das morgende! Postschiff nicht zu Bibrich,

fuͤllt worden. Wir brachten ſie mit keinen wichti-
gern Betrachtungen zu, und erhielten endlich die
artige Nachricht, das Poſtſchiff ſei vor andert-
halb Stunden hinter den Inſeln am jenſeitigen
Ufer voruͤber gefahren. Die ganze Geſellſchaft
ſah jetzt etwas dumm aus. Unſer guͤtiger Wirth
ſagte uns einige verbindliche Dinge uͤber die Freu-
de, uns wieder nach ſeinem hauſe zuruͤckzufuͤh-
ren, die nur bedingt wahr waren, die wir mit
eben ſolchen nur bedingt wahren beantworteten,
worauf wir mit anſcheinender Seelengroͤße wieder
nach Moosbach zuruͤckzogen. Meine Papiere wa-
ren eingepackt, meine Buͤcher, unſer ganzes Ge-
paͤck blieb in Bibrich, um den folgenden Morgen
bei einem zweiten Verſuch abzureiſen, gleich bei
der hand zu ſein, und nun hatte der Tag noch
viele Stunden, die ich auszufuͤllen gar kein Mit-
tel hatte, als mein Strickzeug. Das iſt eine be-
ſchraͤnkte Beſchaͤftigung! Ploͤtzlich lernte ich die
Wege des Schickſals verſtehen. Dieſes mir aufge-
drungene Geſchenk von vier und zwanzig muͤßigen
Stunden, war zu einem Beſuch in Elfeld bei
eurer alten Bonne beſtimmt. Ich folgte dem
Winke der waltenden Macht, und traf Anſtalten,
daß mich das morgende! Poſtſchiff nicht zu Bibrich,

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[40/0054] fuͤllt worden. Wir brachten ſie mit keinen wichti- gern Betrachtungen zu, und erhielten endlich die artige Nachricht, das Poſtſchiff ſei vor andert- halb Stunden hinter den Inſeln am jenſeitigen Ufer voruͤber gefahren. Die ganze Geſellſchaft ſah jetzt etwas dumm aus. Unſer guͤtiger Wirth ſagte uns einige verbindliche Dinge uͤber die Freu- de, uns wieder nach ſeinem hauſe zuruͤckzufuͤh- ren, die nur bedingt wahr waren, die wir mit eben ſolchen nur bedingt wahren beantworteten, worauf wir mit anſcheinender Seelengroͤße wieder nach Moosbach zuruͤckzogen. Meine Papiere wa- ren eingepackt, meine Buͤcher, unſer ganzes Ge- paͤck blieb in Bibrich, um den folgenden Morgen bei einem zweiten Verſuch abzureiſen, gleich bei der hand zu ſein, und nun hatte der Tag noch viele Stunden, die ich auszufuͤllen gar kein Mit- tel hatte, als mein Strickzeug. Das iſt eine be- ſchraͤnkte Beſchaͤftigung! Ploͤtzlich lernte ich die Wege des Schickſals verſtehen. Dieſes mir aufge- drungene Geſchenk von vier und zwanzig muͤßigen Stunden, war zu einem Beſuch in Elfeld bei eurer alten Bonne beſtimmt. Ich folgte dem Winke der waltenden Macht, und traf Anſtalten, daß mich das morgende! Poſtſchiff nicht zu Bibrich,

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/54>, abgerufen am 24.11.2024.