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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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nach, in Bacherach, bezeichnet sich das Gepräge
der römischen Herrschaft deutlich unter den Trüm-
mern des Mittelalters aus. Die eckigen Thürme
mit vorstehenden Friesen, von großen, rohen
von der Zeit geschwärzten Feldsteinen gebaut, spre-
chen einen Sinn der Altherrschaft aus, nicht des
nachbarlichen Haders, wie die engen Festen des
rohen Rittervolks. In Bacharach ward der ernste
Blick in die Vergangenheit noch durch die Trüm-
mer einer gothischen Kirche beschäftigt, die von
den Schweden im dreißigjährigen Kriege zerstört
ward. Sie steht in dem obern Theile der Stadt,
so, daß man unter der Stadt die hohen Bögen der
gothischen Fenster mit den Resten einiges schönen
alten Schnitzwerks über die schwarzen Mauern der
römischen Befestigungstrümmer und neben den
verfallenen Thürmen der alten Burg emporsteigen
sieht. Mit welchem Fluch bezeichneten damals
die Schweden ihren Retterzug in dem verworrenen,
Haß erfüllten Deutschland! Von der Ostsee an
die Donau, über Schwaben dem Rhein entlang,
kann man ihren Schritten folgen. Wo Schutthau-
fen noch nach Jahrhunderten dem Anbaue entgangen
sind, wo in hoher Waldung die Furchen des ehe-
maligen Ackers noch sichtbar werden, wo neben

nach, in Bacherach, bezeichnet ſich das Gepraͤge
der roͤmiſchen Herrſchaft deutlich unter den Truͤm-
mern des Mittelalters aus. Die eckigen Thuͤrme
mit vorſtehenden Frieſen, von großen, rohen
von der Zeit geſchwaͤrzten Feldſteinen gebaut, ſpre-
chen einen Sinn der Altherrſchaft aus, nicht des
nachbarlichen Haders, wie die engen Feſten des
rohen Rittervolks. In Bacharach ward der ernſte
Blick in die Vergangenheit noch durch die Truͤm-
mer einer gothiſchen Kirche beſchaͤftigt, die von
den Schweden im dreißigjaͤhrigen Kriege zerſtoͤrt
ward. Sie ſteht in dem obern Theile der Stadt,
ſo, daß man unter der Stadt die hohen Boͤgen der
gothiſchen Fenſter mit den Reſten einiges ſchoͤnen
alten Schnitzwerks uͤber die ſchwarzen Mauern der
roͤmiſchen Befeſtigungstruͤmmer und neben den
verfallenen Thuͤrmen der alten Burg emporſteigen
ſieht. Mit welchem Fluch bezeichneten damals
die Schweden ihren Retterzug in dem verworrenen,
Haß erfuͤllten Deutſchland! Von der Oſtſee an
die Donau, uͤber Schwaben dem Rhein entlang,
kann man ihren Schritten folgen. Wo Schutthau-
fen noch nach Jahrhunderten dem Anbaue entgangen
ſind, wo in hoher Waldung die Furchen des ehe-
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[390/0404] nach, in Bacherach, bezeichnet ſich das Gepraͤge der roͤmiſchen Herrſchaft deutlich unter den Truͤm- mern des Mittelalters aus. Die eckigen Thuͤrme mit vorſtehenden Frieſen, von großen, rohen von der Zeit geſchwaͤrzten Feldſteinen gebaut, ſpre- chen einen Sinn der Altherrſchaft aus, nicht des nachbarlichen Haders, wie die engen Feſten des rohen Rittervolks. In Bacharach ward der ernſte Blick in die Vergangenheit noch durch die Truͤm- mer einer gothiſchen Kirche beſchaͤftigt, die von den Schweden im dreißigjaͤhrigen Kriege zerſtoͤrt ward. Sie ſteht in dem obern Theile der Stadt, ſo, daß man unter der Stadt die hohen Boͤgen der gothiſchen Fenſter mit den Reſten einiges ſchoͤnen alten Schnitzwerks uͤber die ſchwarzen Mauern der roͤmiſchen Befeſtigungstruͤmmer und neben den verfallenen Thuͤrmen der alten Burg emporſteigen ſieht. Mit welchem Fluch bezeichneten damals die Schweden ihren Retterzug in dem verworrenen, Haß erfuͤllten Deutſchland! Von der Oſtſee an die Donau, uͤber Schwaben dem Rhein entlang, kann man ihren Schritten folgen. Wo Schutthau- fen noch nach Jahrhunderten dem Anbaue entgangen ſind, wo in hoher Waldung die Furchen des ehe- maligen Ackers noch ſichtbar werden, wo neben

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/404>, abgerufen am 28.11.2024.