Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

sich ändern, und nicht zum Besten der Moralität,
denn diese beruht auf Wohlhabenheit. Aus ihr
entstand sie, das Volk wird arm werden, und sie
wird mit ihr sinken. Der Gedanke ergreift mich
mit Wehmuth, ich möchte mir seinen Wahn er-
weisen, und kann es nicht. --

Andere Nationen erlitten auch furchtbare Er-
schütterungen, ihre ganze Verfassung ward umge-
kehrt, alle ihre Ansichten verändert, aber es war
etwas in ihnen, das die Grundlage ihres Wesens
erhielt. Dem Franzosen blieb Enthusiasmus für
Ehre und Ruhm; dem Deutschen blieb Wissen-
schaft; dem Britten bleibt einst Achtung für das
Gesetz. -- Warum doch, da ich in diesem Lande
so vieles fand, das meine Bewunderung erregte,
so viele kennen lernte, die meine Achtung erwar-
ben, dringt sich mir die Sorge auf, daß dessen
Bewohner mit ihrem Gelde alles verlieren wer-
den? --

Ich durchreiste dieselbe Gegend, die ich im
Juli besuchte. An der Waal arbeitete man noch
an der Wiederherstellung der Dämme; viele der
Häuser, die ich vor drei Monaten anfangen sah,
waren jetzt vollendet, und scheinen noch vor dem
Winter bewohnt werden zu sollen. Wir setzten

ſich aͤndern, und nicht zum Beſten der Moralitaͤt,
denn dieſe beruht auf Wohlhabenheit. Aus ihr
entſtand ſie, das Volk wird arm werden, und ſie
wird mit ihr ſinken. Der Gedanke ergreift mich
mit Wehmuth, ich moͤchte mir ſeinen Wahn er-
weiſen, und kann es nicht. —

Andere Nationen erlitten auch furchtbare Er-
ſchuͤtterungen, ihre ganze Verfaſſung ward umge-
kehrt, alle ihre Anſichten veraͤndert, aber es war
etwas in ihnen, das die Grundlage ihres Weſens
erhielt. Dem Franzoſen blieb Enthuſiasmus fuͤr
Ehre und Ruhm; dem Deutſchen blieb Wiſſen-
ſchaft; dem Britten bleibt einſt Achtung fuͤr das
Geſetz. — Warum doch, da ich in dieſem Lande
ſo vieles fand, das meine Bewunderung erregte,
ſo viele kennen lernte, die meine Achtung erwar-
ben, dringt ſich mir die Sorge auf, daß deſſen
Bewohner mit ihrem Gelde alles verlieren wer-
den? —

Ich durchreiſte dieſelbe Gegend, die ich im
Juli beſuchte. An der Waal arbeitete man noch
an der Wiederherſtellung der Daͤmme; viele der
Haͤuſer, die ich vor drei Monaten anfangen ſah,
waren jetzt vollendet, und ſcheinen noch vor dem
Winter bewohnt werden zu ſollen. Wir ſetzten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0398" n="384"/>
&#x017F;ich a&#x0364;ndern, und nicht zum Be&#x017F;ten der Moralita&#x0364;t,<lb/>
denn die&#x017F;e beruht auf Wohlhabenheit. Aus ihr<lb/>
ent&#x017F;tand &#x017F;ie, das Volk wird arm werden, und &#x017F;ie<lb/>
wird mit ihr &#x017F;inken. Der Gedanke ergreift mich<lb/>
mit Wehmuth, ich mo&#x0364;chte mir &#x017F;einen Wahn er-<lb/>
wei&#x017F;en, und kann es nicht. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Andere Nationen erlitten auch furchtbare Er-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tterungen, ihre ganze Verfa&#x017F;&#x017F;ung ward umge-<lb/>
kehrt, alle ihre An&#x017F;ichten vera&#x0364;ndert, aber es war<lb/>
etwas in ihnen, das die Grundlage ihres We&#x017F;ens<lb/>
erhielt. Dem Franzo&#x017F;en blieb Enthu&#x017F;iasmus fu&#x0364;r<lb/>
Ehre und Ruhm; dem Deut&#x017F;chen blieb Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft; dem Britten bleibt ein&#x017F;t Achtung fu&#x0364;r das<lb/>
Ge&#x017F;etz. &#x2014; Warum doch, da ich in die&#x017F;em Lande<lb/>
&#x017F;o vieles fand, das meine Bewunderung erregte,<lb/>
&#x017F;o viele kennen lernte, die meine Achtung erwar-<lb/>
ben, dringt &#x017F;ich mir die Sorge auf, daß de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Bewohner mit ihrem Gelde alles verlieren wer-<lb/>
den? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich durchrei&#x017F;te die&#x017F;elbe Gegend, die ich im<lb/>
Juli be&#x017F;uchte. An der Waal arbeitete man noch<lb/>
an der Wiederher&#x017F;tellung der Da&#x0364;mme; viele der<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er, die ich vor drei Monaten anfangen &#x017F;ah,<lb/>
waren jetzt vollendet, und &#x017F;cheinen noch vor dem<lb/>
Winter bewohnt werden zu &#x017F;ollen. Wir &#x017F;etzten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0398] ſich aͤndern, und nicht zum Beſten der Moralitaͤt, denn dieſe beruht auf Wohlhabenheit. Aus ihr entſtand ſie, das Volk wird arm werden, und ſie wird mit ihr ſinken. Der Gedanke ergreift mich mit Wehmuth, ich moͤchte mir ſeinen Wahn er- weiſen, und kann es nicht. — Andere Nationen erlitten auch furchtbare Er- ſchuͤtterungen, ihre ganze Verfaſſung ward umge- kehrt, alle ihre Anſichten veraͤndert, aber es war etwas in ihnen, das die Grundlage ihres Weſens erhielt. Dem Franzoſen blieb Enthuſiasmus fuͤr Ehre und Ruhm; dem Deutſchen blieb Wiſſen- ſchaft; dem Britten bleibt einſt Achtung fuͤr das Geſetz. — Warum doch, da ich in dieſem Lande ſo vieles fand, das meine Bewunderung erregte, ſo viele kennen lernte, die meine Achtung erwar- ben, dringt ſich mir die Sorge auf, daß deſſen Bewohner mit ihrem Gelde alles verlieren wer- den? — Ich durchreiſte dieſelbe Gegend, die ich im Juli beſuchte. An der Waal arbeitete man noch an der Wiederherſtellung der Daͤmme; viele der Haͤuſer, die ich vor drei Monaten anfangen ſah, waren jetzt vollendet, und ſcheinen noch vor dem Winter bewohnt werden zu ſollen. Wir ſetzten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/398
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/398>, abgerufen am 28.11.2024.