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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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trompete selbst, die seinen Schlaf, so lange er auf
Erden handelte, so oft störte, nun nicht mehr un-
terbricht. -- Nun, sollte man denken, wär das
Denkmal fertig? Nein, die Hauptsache kommt
noch. Zum Haupte des weißen Marmorbildes,
auf dem schwarzgrauen Sarkophag, sitzt, der Fa-
ma den Rücken zugekehrt -- diese Allegorie ent-
ging wohl wieder dem Künstler? -- in voller Rü-
stung, den Kommandostab auf das Knie gestützt,
abermal Wilhelm -- eine schöne kräftige Gestalt
in Lebensgröße von Bronze gegossen. Er ragt halb
aus dem Tempel heraus und blickt in die Kirche.
Jetzt stellt euch das Ganze vor; den unverhält-
nißmäßig kleinen Tempel, den Sarkophag mit der
Todtengestalt, die ihn ganz ausfüllt, und diesen
Wilhelm am Eingang, der dem Ganzen den Rük-
ken zukehrt, so kann es euch nicht entgehen, daß
der bronzene Wilhelm wie ein Kutscher dasitzt, der
den marmornen Wilhelm in die Ewigkeit hinein
fährt, indeß Fama, hinten aufstehend, die Ab-
schiedsvisitenkarten abgiebt. Ich bin mir selbst gram,
so einen widrigen Vergleich gefunden zu haben --
aber er dringt sich auf, er überraschte meinen Ge-
sellschafter als unentfliehbar, und ich beschreibe euch
dieses Denkmal so genau, damit ihr euern Ge-

trompete ſelbſt, die ſeinen Schlaf, ſo lange er auf
Erden handelte, ſo oft ſtoͤrte, nun nicht mehr un-
terbricht. — Nun, ſollte man denken, waͤr das
Denkmal fertig? Nein, die Hauptſache kommt
noch. Zum Haupte des weißen Marmorbildes,
auf dem ſchwarzgrauen Sarkophag, ſitzt, der Fa-
ma den Ruͤcken zugekehrt — dieſe Allegorie ent-
ging wohl wieder dem Kuͤnſtler? — in voller Ruͤ-
ſtung, den Kommandoſtab auf das Knie geſtuͤtzt,
abermal Wilhelm — eine ſchoͤne kraͤftige Geſtalt
in Lebensgroͤße von Bronze gegoſſen. Er ragt halb
aus dem Tempel heraus und blickt in die Kirche.
Jetzt ſtellt euch das Ganze vor; den unverhaͤlt-
nißmaͤßig kleinen Tempel, den Sarkophag mit der
Todtengeſtalt, die ihn ganz ausfuͤllt, und dieſen
Wilhelm am Eingang, der dem Ganzen den Ruͤk-
ken zukehrt, ſo kann es euch nicht entgehen, daß
der bronzene Wilhelm wie ein Kutſcher daſitzt, der
den marmornen Wilhelm in die Ewigkeit hinein
faͤhrt, indeß Fama, hinten aufſtehend, die Ab-
ſchiedsviſitenkarten abgiebt. Ich bin mir ſelbſt gram,
ſo einen widrigen Vergleich gefunden zu haben —
aber er dringt ſich auf, er uͤberraſchte meinen Ge-
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[356/0370] trompete ſelbſt, die ſeinen Schlaf, ſo lange er auf Erden handelte, ſo oft ſtoͤrte, nun nicht mehr un- terbricht. — Nun, ſollte man denken, waͤr das Denkmal fertig? Nein, die Hauptſache kommt noch. Zum Haupte des weißen Marmorbildes, auf dem ſchwarzgrauen Sarkophag, ſitzt, der Fa- ma den Ruͤcken zugekehrt — dieſe Allegorie ent- ging wohl wieder dem Kuͤnſtler? — in voller Ruͤ- ſtung, den Kommandoſtab auf das Knie geſtuͤtzt, abermal Wilhelm — eine ſchoͤne kraͤftige Geſtalt in Lebensgroͤße von Bronze gegoſſen. Er ragt halb aus dem Tempel heraus und blickt in die Kirche. Jetzt ſtellt euch das Ganze vor; den unverhaͤlt- nißmaͤßig kleinen Tempel, den Sarkophag mit der Todtengeſtalt, die ihn ganz ausfuͤllt, und dieſen Wilhelm am Eingang, der dem Ganzen den Ruͤk- ken zukehrt, ſo kann es euch nicht entgehen, daß der bronzene Wilhelm wie ein Kutſcher daſitzt, der den marmornen Wilhelm in die Ewigkeit hinein faͤhrt, indeß Fama, hinten aufſtehend, die Ab- ſchiedsviſitenkarten abgiebt. Ich bin mir ſelbſt gram, ſo einen widrigen Vergleich gefunden zu haben — aber er dringt ſich auf, er uͤberraſchte meinen Ge- ſellſchafter als unentfliehbar, und ich beſchreibe euch dieſes Denkmal ſo genau, damit ihr euern Ge-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/370>, abgerufen am 24.11.2024.