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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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die jede Farbe des Gemähldes unrein macht! Ich
fühle nie ein rechtes Zutrauen zu den Leuten, die
um das Ueberirdische mit Feuer und Schwerd sich
herum schlagen, denn es kann keiner den andern
verstehen, weil ein jeder das Ueberirdische ganz
aus seinem Gesichtspunkte ansieht. Gilts dann
aber den Kirchenglauben, so kann der Tausch, den
damals die guten Leute eingingen, der menschli-
chen Vernunft nicht so gar glänzend vorkommen.
Galt es aber rein weg politische Unabhängigkeit,
auch vom Pabste, und zuerst vom Pabste -- dann
versteht man sich und weiß, wofür sie stritten.
Des Olden Barnwelds Proceß hat etwas wahr-
haft niederschlagendes durch die Beschuldigung
des Arminianismus.

Monumente haben mich von jeher sehr ange-
zogen -- und noch keines hat mich befriedigt. Sie
erinnerten mich entweder nicht an den Gegenstand,
den sie bedeuteten, oder genügten meiner Vorstel-
lung des Gegenstandes gar nicht, oder verletzten
meine Empfindung für Kunst -- denn Kunst-
geschmack fordert Kenntnisse und Uebungen, die
mir fehlen. -- Es ist meines Bedünkens noch
recht schwer, den Plan eines Monuments zu ent-
werfen. Privatpersonen verwechseln meistens die

die jede Farbe des Gemaͤhldes unrein macht! Ich
fuͤhle nie ein rechtes Zutrauen zu den Leuten, die
um das Ueberirdiſche mit Feuer und Schwerd ſich
herum ſchlagen, denn es kann keiner den andern
verſtehen, weil ein jeder das Ueberirdiſche ganz
aus ſeinem Geſichtspunkte anſieht. Gilts dann
aber den Kirchenglauben, ſo kann der Tauſch, den
damals die guten Leute eingingen, der menſchli-
chen Vernunft nicht ſo gar glaͤnzend vorkommen.
Galt es aber rein weg politiſche Unabhaͤngigkeit,
auch vom Pabſte, und zuerſt vom Pabſte — dann
verſteht man ſich und weiß, wofuͤr ſie ſtritten.
Des Olden Barnwelds Proceß hat etwas wahr-
haft niederſchlagendes durch die Beſchuldigung
des Arminianismus.

Monumente haben mich von jeher ſehr ange-
zogen — und noch keines hat mich befriedigt. Sie
erinnerten mich entweder nicht an den Gegenſtand,
den ſie bedeuteten, oder genuͤgten meiner Vorſtel-
lung des Gegenſtandes gar nicht, oder verletzten
meine Empfindung fuͤr Kunſt — denn Kunſt-
geſchmack fordert Kenntniſſe und Uebungen, die
mir fehlen. — Es iſt meines Beduͤnkens noch
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[351/0365] die jede Farbe des Gemaͤhldes unrein macht! Ich fuͤhle nie ein rechtes Zutrauen zu den Leuten, die um das Ueberirdiſche mit Feuer und Schwerd ſich herum ſchlagen, denn es kann keiner den andern verſtehen, weil ein jeder das Ueberirdiſche ganz aus ſeinem Geſichtspunkte anſieht. Gilts dann aber den Kirchenglauben, ſo kann der Tauſch, den damals die guten Leute eingingen, der menſchli- chen Vernunft nicht ſo gar glaͤnzend vorkommen. Galt es aber rein weg politiſche Unabhaͤngigkeit, auch vom Pabſte, und zuerſt vom Pabſte — dann verſteht man ſich und weiß, wofuͤr ſie ſtritten. Des Olden Barnwelds Proceß hat etwas wahr- haft niederſchlagendes durch die Beſchuldigung des Arminianismus. Monumente haben mich von jeher ſehr ange- zogen — und noch keines hat mich befriedigt. Sie erinnerten mich entweder nicht an den Gegenſtand, den ſie bedeuteten, oder genuͤgten meiner Vorſtel- lung des Gegenſtandes gar nicht, oder verletzten meine Empfindung fuͤr Kunſt — denn Kunſt- geſchmack fordert Kenntniſſe und Uebungen, die mir fehlen. — Es iſt meines Beduͤnkens noch recht ſchwer, den Plan eines Monuments zu ent- werfen. Privatperſonen verwechſeln meiſtens die

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/365>, abgerufen am 24.11.2024.