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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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gefürchtet ist, wie ihn das Land nur in einem sehr
beschränkten Umkreis erfuhr, leidet auch keinen
Einwurf -- mir däucht daher, daß diese Anstalt
sehr zweckmäßig und wohlthätig ist. Jünglinge
als Kinder des Staats zum Kriege erzogen, wer-
den, ein jedes in seinem Haufen, Beispiel und
Richtschnur seyn -- nur wenn diese Kinder eigne
Haufen bilden sollten, bedrohten sie mit den Ge-
fahren der orientalischen Leibwachten; allein un-
ter die übrigen Truppen vertheilt, verschafften sie
ihrem Volke und ihrem Staate nur Vortheile.

Ich vergnügte mich an den runden, fröhlichen,
muthwilligen Gesichtern der umherschlendernden
Knaben, und mußte über die Beschreibung lachen,
die man mir von dem Toben und gräulichen Lärm
machte, den die Haufen von zwei, dreihundert
dieser übermüthigen Gesellen in den Spielstunden
zuwege bringen sollten. Wenn wir um uns blik-
ken, in die Hütten der Armuth, und sehen, wie
die Kinder dort verkrüppelt an Leib und Seele un-
tergehen, oder ärmlich zu einem ärmlichen Leben
aufwachsen, wenn wir die herzzerreißende, die
ganze Natur empörende Freude sehen, mit der un-
sere Arme so oft ihre jungen Kinder zu Grabe
bringen, weil sie ihnen das Leben zu fristen, nicht

gefuͤrchtet iſt, wie ihn das Land nur in einem ſehr
beſchraͤnkten Umkreis erfuhr, leidet auch keinen
Einwurf — mir daͤucht daher, daß dieſe Anſtalt
ſehr zweckmaͤßig und wohlthaͤtig iſt. Juͤnglinge
als Kinder des Staats zum Kriege erzogen, wer-
den, ein jedes in ſeinem Haufen, Beiſpiel und
Richtſchnur ſeyn — nur wenn dieſe Kinder eigne
Haufen bilden ſollten, bedrohten ſie mit den Ge-
fahren der orientaliſchen Leibwachten; allein un-
ter die uͤbrigen Truppen vertheilt, verſchafften ſie
ihrem Volke und ihrem Staate nur Vortheile.

Ich vergnuͤgte mich an den runden, froͤhlichen,
muthwilligen Geſichtern der umherſchlendernden
Knaben, und mußte uͤber die Beſchreibung lachen,
die man mir von dem Toben und graͤulichen Laͤrm
machte, den die Haufen von zwei, dreihundert
dieſer uͤbermuͤthigen Geſellen in den Spielſtunden
zuwege bringen ſollten. Wenn wir um uns blik-
ken, in die Huͤtten der Armuth, und ſehen, wie
die Kinder dort verkruͤppelt an Leib und Seele un-
tergehen, oder aͤrmlich zu einem aͤrmlichen Leben
aufwachſen, wenn wir die herzzerreißende, die
ganze Natur empoͤrende Freude ſehen, mit der un-
ſere Arme ſo oft ihre jungen Kinder zu Grabe
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[327/0341] gefuͤrchtet iſt, wie ihn das Land nur in einem ſehr beſchraͤnkten Umkreis erfuhr, leidet auch keinen Einwurf — mir daͤucht daher, daß dieſe Anſtalt ſehr zweckmaͤßig und wohlthaͤtig iſt. Juͤnglinge als Kinder des Staats zum Kriege erzogen, wer- den, ein jedes in ſeinem Haufen, Beiſpiel und Richtſchnur ſeyn — nur wenn dieſe Kinder eigne Haufen bilden ſollten, bedrohten ſie mit den Ge- fahren der orientaliſchen Leibwachten; allein un- ter die uͤbrigen Truppen vertheilt, verſchafften ſie ihrem Volke und ihrem Staate nur Vortheile. Ich vergnuͤgte mich an den runden, froͤhlichen, muthwilligen Geſichtern der umherſchlendernden Knaben, und mußte uͤber die Beſchreibung lachen, die man mir von dem Toben und graͤulichen Laͤrm machte, den die Haufen von zwei, dreihundert dieſer uͤbermuͤthigen Geſellen in den Spielſtunden zuwege bringen ſollten. Wenn wir um uns blik- ken, in die Huͤtten der Armuth, und ſehen, wie die Kinder dort verkruͤppelt an Leib und Seele un- tergehen, oder aͤrmlich zu einem aͤrmlichen Leben aufwachſen, wenn wir die herzzerreißende, die ganze Natur empoͤrende Freude ſehen, mit der un- ſere Arme ſo oft ihre jungen Kinder zu Grabe bringen, weil ſie ihnen das Leben zu friſten, nicht

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/341>, abgerufen am 24.11.2024.