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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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geld wurden die Knaben ganz frei gehalten, und
traten nach vollendeter Erziehung als Officiere in
die Landarmee. Diese Leichtigkeit, seinen Sohn
erzogen und Officier zu sehen, war zu lockend, sie
veranlaßte die Eltern zu viele Kinder eben so noth-
wendigen Bestimmungen, wie der Kriegsstand ist,
zu entziehen, und um diesem Uebel vorzubeugen,
ist die Pension auf fünfhundert Gulden erhöht,
welches für Holland, und im Vergleich einiger
unsrer deutschen Pensionen immer noch sehr wenig
ist, da die jungen Leute auch Uniform und Wäsche
in dem Institute erhalten. -- Ich fand das fröh-
liche Geschlecht bei dem Mittagsessen. Es mogte
noch kein Frauenzimmer bei ihnen erschienen seyn,
denn die muntern Gesichter, alle zwischen vier-
zehn und siebzehn Jahren, wendeten sich höchst
verwundert zu mir hin, und einige von ihnen schie-
nen mich recht von Grund des Herzens komisch
zu finden. Ich betrachtete diesen schönen
Garten
mit mütterlicher Freude, -- denn wie
der Garten einer frohen Zukunft kamen mir diese
lieben jungen Menschengesichter vor. Ich habe euch
schon gesagt, daß ich in Holland reinere Züge, ein-
fachere Umrisse, eine durchgängigere Nationalphi-
sionomie gefunden habe, als unter irgend einem

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geld wurden die Knaben ganz frei gehalten, und
traten nach vollendeter Erziehung als Officiere in
die Landarmee. Dieſe Leichtigkeit, ſeinen Sohn
erzogen und Officier zu ſehen, war zu lockend, ſie
veranlaßte die Eltern zu viele Kinder eben ſo noth-
wendigen Beſtimmungen, wie der Kriegsſtand iſt,
zu entziehen, und um dieſem Uebel vorzubeugen,
iſt die Penſion auf fuͤnfhundert Gulden erhoͤht,
welches fuͤr Holland, und im Vergleich einiger
unſrer deutſchen Penſionen immer noch ſehr wenig
iſt, da die jungen Leute auch Uniform und Waͤſche
in dem Inſtitute erhalten. — Ich fand das froͤh-
liche Geſchlecht bei dem Mittagseſſen. Es mogte
noch kein Frauenzimmer bei ihnen erſchienen ſeyn,
denn die muntern Geſichter, alle zwiſchen vier-
zehn und ſiebzehn Jahren, wendeten ſich hoͤchſt
verwundert zu mir hin, und einige von ihnen ſchie-
nen mich recht von Grund des Herzens komiſch
zu finden. Ich betrachtete dieſen ſchoͤnen
Garten
mit muͤtterlicher Freude, — denn wie
der Garten einer frohen Zukunft kamen mir dieſe
lieben jungen Menſchengeſichter vor. Ich habe euch
ſchon geſagt, daß ich in Holland reinere Zuͤge, ein-
fachere Umriſſe, eine durchgaͤngigere Nationalphi-
ſionomie gefunden habe, als unter irgend einem

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[321/0335] geld wurden die Knaben ganz frei gehalten, und traten nach vollendeter Erziehung als Officiere in die Landarmee. Dieſe Leichtigkeit, ſeinen Sohn erzogen und Officier zu ſehen, war zu lockend, ſie veranlaßte die Eltern zu viele Kinder eben ſo noth- wendigen Beſtimmungen, wie der Kriegsſtand iſt, zu entziehen, und um dieſem Uebel vorzubeugen, iſt die Penſion auf fuͤnfhundert Gulden erhoͤht, welches fuͤr Holland, und im Vergleich einiger unſrer deutſchen Penſionen immer noch ſehr wenig iſt, da die jungen Leute auch Uniform und Waͤſche in dem Inſtitute erhalten. — Ich fand das froͤh- liche Geſchlecht bei dem Mittagseſſen. Es mogte noch kein Frauenzimmer bei ihnen erſchienen ſeyn, denn die muntern Geſichter, alle zwiſchen vier- zehn und ſiebzehn Jahren, wendeten ſich hoͤchſt verwundert zu mir hin, und einige von ihnen ſchie- nen mich recht von Grund des Herzens komiſch zu finden. Ich betrachtete dieſen ſchoͤnen Garten mit muͤtterlicher Freude, — denn wie der Garten einer frohen Zukunft kamen mir dieſe lieben jungen Menſchengeſichter vor. Ich habe euch ſchon geſagt, daß ich in Holland reinere Zuͤge, ein- fachere Umriſſe, eine durchgaͤngigere Nationalphi- ſionomie gefunden habe, als unter irgend einem X

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/335>, abgerufen am 24.11.2024.