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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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"Was diesen grausamen Auftritt noch schreck-
"licher machte, war das Feuer, das sich, wahrend
"der Zeit wir die lebendig Begrabenen aus den
"Trümmern aufzuwühlen trachteten, um uns her
"verbreitete. Es wüthete in der Bibliothek des
"Herrn * *, und zwang uns, so bald die Men-
"schen gerettet waren, die Stelle zu räumen. Herr
"* * stand auf dem Schutt und sah seine schönen
"Sammlungen, seine Papiere, die Frucht zwan-
"zigjähriger Arbeit, einen Raub der Flamme wer-
"me werden. Dennoch verlohr er in diesem fürch-
"terlichen Augenblick nicht den Muth, er dankte
"nur Gott, ihm seine Gattin und seine Kinder er-
"halten zu haben, und am folgenden Sonntag
"predigte er mit wahrer Seelenstärke über die Er-
"gebung in die Rathschlüsse der Gottheit." --

Diese Predigt hätte ich hören mögen. Bei
solchen Gelegenheiten ists, als wenn auch in das
selbstsüchtigste Gemüth ein Strahl der göttlichen
Liebe fiel, das ganze Menschengeschlecht wird wie-
der zu einer Familie. Wie dauernd könnte ein sol-

Fr. v. * * die achtungsvollste Theilnahme bewiesen, in-
dem er sie als Pallastdame zur Gesellschafterin seiner Ge-
mahlin berief.

„Was dieſen grauſamen Auftritt noch ſchreck-
„licher machte, war das Feuer, das ſich, wahrend
„der Zeit wir die lebendig Begrabenen aus den
„Truͤmmern aufzuwuͤhlen trachteten, um uns her
„verbreitete. Es wuͤthete in der Bibliothek des
„Herrn * *, und zwang uns, ſo bald die Men-
„ſchen gerettet waren, die Stelle zu raͤumen. Herr
„* * ſtand auf dem Schutt und ſah ſeine ſchoͤnen
„Sammlungen, ſeine Papiere, die Frucht zwan-
„zigjaͤhriger Arbeit, einen Raub der Flamme wer-
„me werden. Dennoch verlohr er in dieſem fuͤrch-
„terlichen Augenblick nicht den Muth, er dankte
„nur Gott, ihm ſeine Gattin und ſeine Kinder er-
„halten zu haben, und am folgenden Sonntag
„predigte er mit wahrer Seelenſtaͤrke uͤber die Er-
„gebung in die Rathſchluͤſſe der Gottheit.“ —

Dieſe Predigt haͤtte ich hoͤren moͤgen. Bei
ſolchen Gelegenheiten iſts, als wenn auch in das
ſelbſtſuͤchtigſte Gemuͤth ein Strahl der goͤttlichen
Liebe fiel, das ganze Menſchengeſchlecht wird wie-
der zu einer Familie. Wie dauernd koͤnnte ein ſol-

Fr. v. * * die achtungsvollſte Theilnahme bewieſen, in-
dem er ſie als Pallaſtdame zur Geſellſchafterin ſeiner Ge-
mahlin berief.
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[310/0324] „Was dieſen grauſamen Auftritt noch ſchreck- „licher machte, war das Feuer, das ſich, wahrend „der Zeit wir die lebendig Begrabenen aus den „Truͤmmern aufzuwuͤhlen trachteten, um uns her „verbreitete. Es wuͤthete in der Bibliothek des „Herrn * *, und zwang uns, ſo bald die Men- „ſchen gerettet waren, die Stelle zu raͤumen. Herr „* * ſtand auf dem Schutt und ſah ſeine ſchoͤnen „Sammlungen, ſeine Papiere, die Frucht zwan- „zigjaͤhriger Arbeit, einen Raub der Flamme wer- „me werden. Dennoch verlohr er in dieſem fuͤrch- „terlichen Augenblick nicht den Muth, er dankte „nur Gott, ihm ſeine Gattin und ſeine Kinder er- „halten zu haben, und am folgenden Sonntag „predigte er mit wahrer Seelenſtaͤrke uͤber die Er- „gebung in die Rathſchluͤſſe der Gottheit.“ — Dieſe Predigt haͤtte ich hoͤren moͤgen. Bei ſolchen Gelegenheiten iſts, als wenn auch in das ſelbſtſuͤchtigſte Gemuͤth ein Strahl der goͤttlichen Liebe fiel, das ganze Menſchengeſchlecht wird wie- der zu einer Familie. Wie dauernd koͤnnte ein ſol- *) *) Fr. v. * * die achtungsvollſte Theilnahme bewieſen, in- dem er ſie als Pallaſtdame zur Geſellſchafterin ſeiner Ge- mahlin berief.

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/324>, abgerufen am 24.11.2024.