In diesen Höfen haben sie reinliche Wasserbecken zum Trinken und Baden, meistens auch einen eigends für sie abgeschlagenen Theil des Busch- werkes oder Parks. Ihr seht, daß auf das gefie- derte Geschlecht hier so viel Rücksicht genommen ist, daß Treufreund und Hoffegut sie schwerlich zum Aufruhr würde bewegen können. Es gedeiht ih- nen aber auch vortrefflich; ich habe kaum irgend- wo so gutes Geflügel gegessen -- die Gäuse aus- genommen, von denen mir die hiesigen Gourmands selbst versichern, daß sie in Deutschland weit be[s-] ser sind. Enten jeder Art scheint dieser Boden um so günstiger, auch wilden, und das ist eine große Hülfsquelle für die jungen Herrn, welche der streng beobachtete Müßiggang zu großen Jä- gern macht. Wenn sie nach einem ganzen Mor- gen fruchtlosen Jagens in Gefahr stehen, den Ruf ihrer Geschicklichkeit zu verlieren, so schießen sie schnell ein paar ehrliche Entchen, die dem Hüh- nerhofe entkommen, und des sie begleitenden Jägers Zeugniß, das sie keck aufforderten, hätte mich wahr gemacht, hätte mich nicht sein spötti- scher Blick noch besser belehrt, wie die bekannten Kennzeichen der Gattung.
In dieſen Hoͤfen haben ſie reinliche Waſſerbecken zum Trinken und Baden, meiſtens auch einen eigends fuͤr ſie abgeſchlagenen Theil des Buſch- werkes oder Parks. Ihr ſeht, daß auf das gefie- derte Geſchlecht hier ſo viel Ruͤckſicht genommen iſt, daß Treufreund und Hoffegut ſie ſchwerlich zum Aufruhr wuͤrde bewegen koͤnnen. Es gedeiht ih- nen aber auch vortrefflich; ich habe kaum irgend- wo ſo gutes Gefluͤgel gegeſſen — die Gaͤuſe aus- genommen, von denen mir die hieſigen Gourmands ſelbſt verſichern, daß ſie in Deutſchland weit be[ſ-] ſer ſind. Enten jeder Art ſcheint dieſer Boden um ſo guͤnſtiger, auch wilden, und das iſt eine große Huͤlfsquelle fuͤr die jungen Herrn, welche der ſtreng beobachtete Muͤßiggang zu großen Jaͤ- gern macht. Wenn ſie nach einem ganzen Mor- gen fruchtloſen Jagens in Gefahr ſtehen, den Ruf ihrer Geſchicklichkeit zu verlieren, ſo ſchießen ſie ſchnell ein paar ehrliche Entchen, die dem Huͤh- nerhofe entkommen, und des ſie begleitenden Jaͤgers Zeugniß, das ſie keck aufforderten, haͤtte mich wahr gemacht, haͤtte mich nicht ſein ſpoͤtti- ſcher Blick noch beſſer belehrt, wie die bekannten Kennzeichen der Gattung.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0316"n="302"/>
In dieſen Hoͤfen haben ſie reinliche Waſſerbecken<lb/>
zum Trinken und Baden, meiſtens auch einen<lb/>
eigends fuͤr ſie abgeſchlagenen Theil des Buſch-<lb/>
werkes oder Parks. Ihr ſeht, daß auf das gefie-<lb/>
derte Geſchlecht hier ſo viel Ruͤckſicht genommen iſt,<lb/>
daß Treufreund und Hoffegut ſie ſchwerlich zum<lb/>
Aufruhr wuͤrde bewegen koͤnnen. Es gedeiht ih-<lb/>
nen aber auch vortrefflich; ich habe kaum irgend-<lb/>
wo ſo gutes Gefluͤgel gegeſſen — die Gaͤuſe aus-<lb/>
genommen, von denen mir die hieſigen Gourmands<lb/>ſelbſt verſichern, daß ſie in Deutſchland weit be<supplied>ſ-</supplied><lb/>ſer ſind. Enten jeder Art ſcheint dieſer Boden<lb/>
um ſo guͤnſtiger, auch wilden, und das iſt eine<lb/>
große Huͤlfsquelle fuͤr die jungen Herrn, welche<lb/>
der ſtreng beobachtete Muͤßiggang zu großen Jaͤ-<lb/>
gern macht. Wenn ſie nach einem ganzen Mor-<lb/>
gen fruchtloſen Jagens in Gefahr ſtehen, den Ruf<lb/>
ihrer Geſchicklichkeit zu verlieren, ſo ſchießen ſie<lb/>ſchnell ein paar ehrliche Entchen, die dem Huͤh-<lb/>
nerhofe entkommen, und des ſie begleitenden<lb/>
Jaͤgers Zeugniß, das ſie keck aufforderten, haͤtte<lb/>
mich wahr gemacht, haͤtte mich nicht ſein ſpoͤtti-<lb/>ſcher Blick noch beſſer belehrt, wie die bekannten<lb/>
Kennzeichen der Gattung.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[302/0316]
In dieſen Hoͤfen haben ſie reinliche Waſſerbecken
zum Trinken und Baden, meiſtens auch einen
eigends fuͤr ſie abgeſchlagenen Theil des Buſch-
werkes oder Parks. Ihr ſeht, daß auf das gefie-
derte Geſchlecht hier ſo viel Ruͤckſicht genommen iſt,
daß Treufreund und Hoffegut ſie ſchwerlich zum
Aufruhr wuͤrde bewegen koͤnnen. Es gedeiht ih-
nen aber auch vortrefflich; ich habe kaum irgend-
wo ſo gutes Gefluͤgel gegeſſen — die Gaͤuſe aus-
genommen, von denen mir die hieſigen Gourmands
ſelbſt verſichern, daß ſie in Deutſchland weit beſ-
ſer ſind. Enten jeder Art ſcheint dieſer Boden
um ſo guͤnſtiger, auch wilden, und das iſt eine
große Huͤlfsquelle fuͤr die jungen Herrn, welche
der ſtreng beobachtete Muͤßiggang zu großen Jaͤ-
gern macht. Wenn ſie nach einem ganzen Mor-
gen fruchtloſen Jagens in Gefahr ſtehen, den Ruf
ihrer Geſchicklichkeit zu verlieren, ſo ſchießen ſie
ſchnell ein paar ehrliche Entchen, die dem Huͤh-
nerhofe entkommen, und des ſie begleitenden
Jaͤgers Zeugniß, das ſie keck aufforderten, haͤtte
mich wahr gemacht, haͤtte mich nicht ſein ſpoͤtti-
ſcher Blick noch beſſer belehrt, wie die bekannten
Kennzeichen der Gattung.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/316>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.