Die Alphnermühle steht auf einer hohen gemauer- ten Warte, an deren Grund ein langes Gebäude auf gemauerten Pfosten ruht, und zugleich freund- lich und fest ist. Die Baumstämme, die Bretter, das Sägemehl, alles hat seinen bestimmten Raum, keines versperrt den Weg. Gegen die Wiese zu steht des Müllers Wohnhaus, ein nie- deres reinliches Häuschen mit glänzenden Fen- stern, Vorhängen, und unter ein paar schönen Weiden eine grüne Bank vor der Hausthür.
Der Garten des Wirthshauses erfreute mich durch seine weit getriebene Obst- und Gemüsekul- tur. Es befand sich eine Reihe Wärmekasten da- selbst, die hundert und funfzig meiner Schritte lang war, in denen man Trauben, Pfirsichen, Aprikosen, Melonen und seltnes Gemüse zog. Außer dem sehr vortheilhaften Verkauf von Haag bis nach Amsterdam in allen ansehnlichen Städten, hatte der Eigenthümer den Vortheil, seinen Gä- sten den auserlesensten Nachtisch vorsetzen zu kön- nen. Ueberhaupt befand ich mich in diesem Gast- hof sehr gut. Die Leute kannten die Bedürfnisse alle, die halbwegsverzärtelte Frauen haben können, wenn also meine Sprache gleich sehr unverständ- lich war, erriethen sie schnell was ich verlangte,
Die Alphnermuͤhle ſteht auf einer hohen gemauer- ten Warte, an deren Grund ein langes Gebaͤude auf gemauerten Pfoſten ruht, und zugleich freund- lich und feſt iſt. Die Baumſtaͤmme, die Bretter, das Saͤgemehl, alles hat ſeinen beſtimmten Raum, keines verſperrt den Weg. Gegen die Wieſe zu ſteht des Muͤllers Wohnhaus, ein nie- deres reinliches Haͤuschen mit glaͤnzenden Fen- ſtern, Vorhaͤngen, und unter ein paar ſchoͤnen Weiden eine gruͤne Bank vor der Hausthuͤr.
Der Garten des Wirthshauſes erfreute mich durch ſeine weit getriebene Obſt- und Gemuͤſekul- tur. Es befand ſich eine Reihe Waͤrmekaſten da- ſelbſt, die hundert und funfzig meiner Schritte lang war, in denen man Trauben, Pfirſichen, Aprikoſen, Melonen und ſeltnes Gemuͤſe zog. Außer dem ſehr vortheilhaften Verkauf von Haag bis nach Amſterdam in allen anſehnlichen Staͤdten, hatte der Eigenthuͤmer den Vortheil, ſeinen Gaͤ- ſten den auserleſenſten Nachtiſch vorſetzen zu koͤn- nen. Ueberhaupt befand ich mich in dieſem Gaſt- hof ſehr gut. Die Leute kannten die Beduͤrfniſſe alle, die halbwegsverzaͤrtelte Frauen haben koͤnnen, wenn alſo meine Sprache gleich ſehr unverſtaͤnd- lich war, erriethen ſie ſchnell was ich verlangte,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0312"n="298"/>
Die Alphnermuͤhle ſteht auf einer hohen gemauer-<lb/>
ten Warte, an deren Grund ein langes Gebaͤude<lb/>
auf gemauerten Pfoſten ruht, und zugleich freund-<lb/>
lich und feſt iſt. Die Baumſtaͤmme, die Bretter,<lb/>
das Saͤgemehl, alles hat ſeinen beſtimmten<lb/>
Raum, keines verſperrt den Weg. Gegen die<lb/>
Wieſe zu ſteht des Muͤllers Wohnhaus, ein nie-<lb/>
deres reinliches Haͤuschen mit glaͤnzenden Fen-<lb/>ſtern, Vorhaͤngen, und unter ein paar ſchoͤnen<lb/>
Weiden eine gruͤne Bank vor der Hausthuͤr.</p><lb/><p>Der Garten des Wirthshauſes erfreute mich<lb/>
durch ſeine weit getriebene Obſt- und Gemuͤſekul-<lb/>
tur. Es befand ſich eine Reihe Waͤrmekaſten da-<lb/>ſelbſt, die hundert und funfzig meiner Schritte<lb/>
lang war, in denen man Trauben, Pfirſichen,<lb/>
Aprikoſen, Melonen und ſeltnes Gemuͤſe zog.<lb/>
Außer dem ſehr vortheilhaften Verkauf von Haag<lb/>
bis nach Amſterdam in allen anſehnlichen Staͤdten,<lb/>
hatte der Eigenthuͤmer den Vortheil, ſeinen Gaͤ-<lb/>ſten den auserleſenſten Nachtiſch vorſetzen zu koͤn-<lb/>
nen. Ueberhaupt befand ich mich in dieſem Gaſt-<lb/>
hof ſehr gut. Die Leute kannten die Beduͤrfniſſe<lb/>
alle, die halbwegsverzaͤrtelte Frauen haben koͤnnen,<lb/>
wenn alſo meine Sprache gleich ſehr unverſtaͤnd-<lb/>
lich war, erriethen ſie ſchnell was ich verlangte,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0312]
Die Alphnermuͤhle ſteht auf einer hohen gemauer-
ten Warte, an deren Grund ein langes Gebaͤude
auf gemauerten Pfoſten ruht, und zugleich freund-
lich und feſt iſt. Die Baumſtaͤmme, die Bretter,
das Saͤgemehl, alles hat ſeinen beſtimmten
Raum, keines verſperrt den Weg. Gegen die
Wieſe zu ſteht des Muͤllers Wohnhaus, ein nie-
deres reinliches Haͤuschen mit glaͤnzenden Fen-
ſtern, Vorhaͤngen, und unter ein paar ſchoͤnen
Weiden eine gruͤne Bank vor der Hausthuͤr.
Der Garten des Wirthshauſes erfreute mich
durch ſeine weit getriebene Obſt- und Gemuͤſekul-
tur. Es befand ſich eine Reihe Waͤrmekaſten da-
ſelbſt, die hundert und funfzig meiner Schritte
lang war, in denen man Trauben, Pfirſichen,
Aprikoſen, Melonen und ſeltnes Gemuͤſe zog.
Außer dem ſehr vortheilhaften Verkauf von Haag
bis nach Amſterdam in allen anſehnlichen Staͤdten,
hatte der Eigenthuͤmer den Vortheil, ſeinen Gaͤ-
ſten den auserleſenſten Nachtiſch vorſetzen zu koͤn-
nen. Ueberhaupt befand ich mich in dieſem Gaſt-
hof ſehr gut. Die Leute kannten die Beduͤrfniſſe
alle, die halbwegsverzaͤrtelte Frauen haben koͤnnen,
wenn alſo meine Sprache gleich ſehr unverſtaͤnd-
lich war, erriethen ſie ſchnell was ich verlangte,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/312>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.