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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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sagt habe. Brettmühlen gewähren meistens sehr
mahlerische Gesichtspunkte -- wie manches Thal
sah ich von ihnen verschönert, besonders in den
Umgebungen des thüringer Waldes, wo derselbe
kleine Bach, der still und fröhlich durch sein Fel-
senthal hüpft, mit seinem sanften Murmeln schon
längst einen reichen Teppich von Blumen und Ra-
sen um sich bildete -- wie sah ich es durch die ro-
hen Hütten der Sägemühlen verschönert, die oft
viere, sechse nach einander das klare Wasser ein-
zwangen, daß es unwillig sprudelnd und rauschend
zu seinem Bette zurückkehrt, und den blanken
Kieseln in schnellem Laufe erzählt, welchem Des-
potismus es entgangen sey. Dort bestehen aber
diese Mühlen aus leicht zusammen geschlagnen
Schuppen, an deren schwarzen Schindeldächern
Moos wächst, oft ist die schöne Wiese in ihrer
Nähe von gestauchtem Wasser verschlemmt, und
ist der Fluß zum Flößen breit genug, so bietet die
Landung ein widriges Gemisch von Balken und
Schutt und Morast dar. Der Farbenreichthum
der schöuen Jahrszeit, eine vortheilhafte Erleuch-
tung, macht eine solche Gegend zu einem mahle-
rischen Gegenstande, aber für den unbefangenen
Blick ist sie das Bild eines ärmlichen Erwerbs.

ſagt habe. Brettmuͤhlen gewaͤhren meiſtens ſehr
mahleriſche Geſichtspunkte — wie manches Thal
ſah ich von ihnen verſchoͤnert, beſonders in den
Umgebungen des thuͤringer Waldes, wo derſelbe
kleine Bach, der ſtill und froͤhlich durch ſein Fel-
ſenthal huͤpft, mit ſeinem ſanften Murmeln ſchon
laͤngſt einen reichen Teppich von Blumen und Ra-
ſen um ſich bildete — wie ſah ich es durch die ro-
hen Huͤtten der Saͤgemuͤhlen verſchoͤnert, die oft
viere, ſechſe nach einander das klare Waſſer ein-
zwangen, daß es unwillig ſprudelnd und rauſchend
zu ſeinem Bette zuruͤckkehrt, und den blanken
Kieſeln in ſchnellem Laufe erzaͤhlt, welchem Des-
potismus es entgangen ſey. Dort beſtehen aber
dieſe Muͤhlen aus leicht zuſammen geſchlagnen
Schuppen, an deren ſchwarzen Schindeldaͤchern
Moos waͤchſt, oft iſt die ſchoͤne Wieſe in ihrer
Naͤhe von geſtauchtem Waſſer verſchlemmt, und
iſt der Fluß zum Floͤßen breit genug, ſo bietet die
Landung ein widriges Gemiſch von Balken und
Schutt und Moraſt dar. Der Farbenreichthum
der ſchoͤuen Jahrszeit, eine vortheilhafte Erleuch-
tung, macht eine ſolche Gegend zu einem mahle-
riſchen Gegenſtande, aber fuͤr den unbefangenen
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[297/0311] ſagt habe. Brettmuͤhlen gewaͤhren meiſtens ſehr mahleriſche Geſichtspunkte — wie manches Thal ſah ich von ihnen verſchoͤnert, beſonders in den Umgebungen des thuͤringer Waldes, wo derſelbe kleine Bach, der ſtill und froͤhlich durch ſein Fel- ſenthal huͤpft, mit ſeinem ſanften Murmeln ſchon laͤngſt einen reichen Teppich von Blumen und Ra- ſen um ſich bildete — wie ſah ich es durch die ro- hen Huͤtten der Saͤgemuͤhlen verſchoͤnert, die oft viere, ſechſe nach einander das klare Waſſer ein- zwangen, daß es unwillig ſprudelnd und rauſchend zu ſeinem Bette zuruͤckkehrt, und den blanken Kieſeln in ſchnellem Laufe erzaͤhlt, welchem Des- potismus es entgangen ſey. Dort beſtehen aber dieſe Muͤhlen aus leicht zuſammen geſchlagnen Schuppen, an deren ſchwarzen Schindeldaͤchern Moos waͤchſt, oft iſt die ſchoͤne Wieſe in ihrer Naͤhe von geſtauchtem Waſſer verſchlemmt, und iſt der Fluß zum Floͤßen breit genug, ſo bietet die Landung ein widriges Gemiſch von Balken und Schutt und Moraſt dar. Der Farbenreichthum der ſchoͤuen Jahrszeit, eine vortheilhafte Erleuch- tung, macht eine ſolche Gegend zu einem mahle- riſchen Gegenſtande, aber fuͤr den unbefangenen Blick iſt ſie das Bild eines aͤrmlichen Erwerbs.

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/311>, abgerufen am 24.11.2024.