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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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schimmern -- denn nie darf ein Sonnenstrahl in
ein Zimmer fallen, die Luft selbst läßt man nur
durch wenig aufgeschobene Fenster ein -- denn
hier werden die Fenster alle hinaufwärts gescho-
ben, nicht in Flügeln geöffnet. Das Pflaster, das
Geländer, alles Holzwerk vor den Häusern, wird
alle Woche mit Lauge abgewaschen, und die Stei-
ne mit schwarzer und rother Erde gerieben. Selbst
bei starkem Regenwetter fand ich hier nur Nässe,
keinen Koth. Wenn man bedenkt, daß das Ge-
werb nur an den Ufern des Kanals getrieben wird,
hier also nur leichte Wagen durchrollen, daß aller
Unrath der Häuser auf der Wasserseite fortgeschaft
wird, so ist die ausgesuchte Reinlichkeit so eines
Städtchens wohl begreiflich.

Von Woerden nach Bodegraven zu sind an-
sehnliche Ziegelbrennereien. Eine Ziegelbrennerei
ist bei uns meistens, selbst an den Thoren von Re-
sidenzstädten, wie Stuttgardt, ein widrig räuche-
riges Bauwerk, oft nur ein Zusammenhang ärm-
licher Schoppen und Scherbenhaufen. Hier ist
alles nett und zweckmäßig. Eine halbe Stunde
lang fährt man zwischen lauter zu diesen Fabriken
gehörigen Wohnungen und Gebäuden. Die ge-
brannten Steine, die hier von verschiedener Farbe,

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ſchimmern — denn nie darf ein Sonnenſtrahl in
ein Zimmer fallen, die Luft ſelbſt laͤßt man nur
durch wenig aufgeſchobene Fenſter ein — denn
hier werden die Fenſter alle hinaufwaͤrts geſcho-
ben, nicht in Fluͤgeln geoͤffnet. Das Pflaſter, das
Gelaͤnder, alles Holzwerk vor den Haͤuſern, wird
alle Woche mit Lauge abgewaſchen, und die Stei-
ne mit ſchwarzer und rother Erde gerieben. Selbſt
bei ſtarkem Regenwetter fand ich hier nur Naͤſſe,
keinen Koth. Wenn man bedenkt, daß das Ge-
werb nur an den Ufern des Kanals getrieben wird,
hier alſo nur leichte Wagen durchrollen, daß aller
Unrath der Haͤuſer auf der Waſſerſeite fortgeſchaft
wird, ſo iſt die ausgeſuchte Reinlichkeit ſo eines
Staͤdtchens wohl begreiflich.

Von Woerden nach Bodegraven zu ſind an-
ſehnliche Ziegelbrennereien. Eine Ziegelbrennerei
iſt bei uns meiſtens, ſelbſt an den Thoren von Re-
ſidenzſtaͤdten, wie Stuttgardt, ein widrig raͤuche-
riges Bauwerk, oft nur ein Zuſammenhang aͤrm-
licher Schoppen und Scherbenhaufen. Hier iſt
alles nett und zweckmaͤßig. Eine halbe Stunde
lang faͤhrt man zwiſchen lauter zu dieſen Fabriken
gehoͤrigen Wohnungen und Gebaͤuden. Die ge-
brannten Steine, die hier von verſchiedener Farbe,

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[291/0305] ſchimmern — denn nie darf ein Sonnenſtrahl in ein Zimmer fallen, die Luft ſelbſt laͤßt man nur durch wenig aufgeſchobene Fenſter ein — denn hier werden die Fenſter alle hinaufwaͤrts geſcho- ben, nicht in Fluͤgeln geoͤffnet. Das Pflaſter, das Gelaͤnder, alles Holzwerk vor den Haͤuſern, wird alle Woche mit Lauge abgewaſchen, und die Stei- ne mit ſchwarzer und rother Erde gerieben. Selbſt bei ſtarkem Regenwetter fand ich hier nur Naͤſſe, keinen Koth. Wenn man bedenkt, daß das Ge- werb nur an den Ufern des Kanals getrieben wird, hier alſo nur leichte Wagen durchrollen, daß aller Unrath der Haͤuſer auf der Waſſerſeite fortgeſchaft wird, ſo iſt die ausgeſuchte Reinlichkeit ſo eines Staͤdtchens wohl begreiflich. Von Woerden nach Bodegraven zu ſind an- ſehnliche Ziegelbrennereien. Eine Ziegelbrennerei iſt bei uns meiſtens, ſelbſt an den Thoren von Re- ſidenzſtaͤdten, wie Stuttgardt, ein widrig raͤuche- riges Bauwerk, oft nur ein Zuſammenhang aͤrm- licher Schoppen und Scherbenhaufen. Hier iſt alles nett und zweckmaͤßig. Eine halbe Stunde lang faͤhrt man zwiſchen lauter zu dieſen Fabriken gehoͤrigen Wohnungen und Gebaͤuden. Die ge- brannten Steine, die hier von verſchiedener Farbe, T 2

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/305>, abgerufen am 24.11.2024.