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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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fassend, meinen Irthum wahrnahm. Wir dürfen
darüber nicht spotten, ich erinnere mich der Zeit
sehr wohl, wo ich in einem fürstlichen Garten in
Norddeutschland eben so gezimmerte und ange-
mahlte Löwen und Tieger springen sah. Ich weiß
gar nicht, ob die Kunst bei unserm gereinigten Ge-
schmack gewonnen hat? das Leben gewiß nicht --
das war lebendiger, wie jeder Gartenliebhaber sein
Fleckchen Erbeigenthum noch mit irgend einer schö-
nen Gestaltung zierte, so zwölf thönerne Himmels-
zeichen, wo ein dickbäckiger Bube unter andern
den Skorpion an den Bauch gedrückt hielt, oder
Delphine und Vogel Greifs. Und lebendiges Le-
ben geräth leicht wieder auf Kunst -- es ist die
Frage, ob unsre satte Weisheit oder aufgeschraub-
ter Enthusiasmus uns je dahin bringt.

Nach vier Uhr stellten sich unsre Fischer mit
vollen Fischertaschen ein, und bald war ein recht
nationelles Mahl bereitet. In dem Wirthszim-
mer, dessen einfache Reinlichkeit recht einladend
war, und wo auf jedem Tisch eine Anzahl neue
Köllner Pfeifen, und ein paar zierliche fayancene
Spucknäpfchen standen, ward die Tafel mit blen-
dend weißer Wäsche belegt, und ohne vorangehen-
de Suppe eine Schüssel voll blau gesottener Bar-

faſſend, meinen Irthum wahrnahm. Wir duͤrfen
daruͤber nicht ſpotten, ich erinnere mich der Zeit
ſehr wohl, wo ich in einem fuͤrſtlichen Garten in
Norddeutſchland eben ſo gezimmerte und ange-
mahlte Loͤwen und Tieger ſpringen ſah. Ich weiß
gar nicht, ob die Kunſt bei unſerm gereinigten Ge-
ſchmack gewonnen hat? das Leben gewiß nicht —
das war lebendiger, wie jeder Gartenliebhaber ſein
Fleckchen Erbeigenthum noch mit irgend einer ſchoͤ-
nen Geſtaltung zierte, ſo zwoͤlf thoͤnerne Himmels-
zeichen, wo ein dickbaͤckiger Bube unter andern
den Skorpion an den Bauch gedruͤckt hielt, oder
Delphine und Vogel Greifs. Und lebendiges Le-
ben geraͤth leicht wieder auf Kunſt — es iſt die
Frage, ob unſre ſatte Weisheit oder aufgeſchraub-
ter Enthuſiasmus uns je dahin bringt.

Nach vier Uhr ſtellten ſich unſre Fiſcher mit
vollen Fiſchertaſchen ein, und bald war ein recht
nationelles Mahl bereitet. In dem Wirthszim-
mer, deſſen einfache Reinlichkeit recht einladend
war, und wo auf jedem Tiſch eine Anzahl neue
Koͤllner Pfeifen, und ein paar zierliche fayancene
Spucknaͤpfchen ſtanden, ward die Tafel mit blen-
dend weißer Waͤſche belegt, und ohne vorangehen-
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[285/0299] faſſend, meinen Irthum wahrnahm. Wir duͤrfen daruͤber nicht ſpotten, ich erinnere mich der Zeit ſehr wohl, wo ich in einem fuͤrſtlichen Garten in Norddeutſchland eben ſo gezimmerte und ange- mahlte Loͤwen und Tieger ſpringen ſah. Ich weiß gar nicht, ob die Kunſt bei unſerm gereinigten Ge- ſchmack gewonnen hat? das Leben gewiß nicht — das war lebendiger, wie jeder Gartenliebhaber ſein Fleckchen Erbeigenthum noch mit irgend einer ſchoͤ- nen Geſtaltung zierte, ſo zwoͤlf thoͤnerne Himmels- zeichen, wo ein dickbaͤckiger Bube unter andern den Skorpion an den Bauch gedruͤckt hielt, oder Delphine und Vogel Greifs. Und lebendiges Le- ben geraͤth leicht wieder auf Kunſt — es iſt die Frage, ob unſre ſatte Weisheit oder aufgeſchraub- ter Enthuſiasmus uns je dahin bringt. Nach vier Uhr ſtellten ſich unſre Fiſcher mit vollen Fiſchertaſchen ein, und bald war ein recht nationelles Mahl bereitet. In dem Wirthszim- mer, deſſen einfache Reinlichkeit recht einladend war, und wo auf jedem Tiſch eine Anzahl neue Koͤllner Pfeifen, und ein paar zierliche fayancene Spucknaͤpfchen ſtanden, ward die Tafel mit blen- dend weißer Waͤſche belegt, und ohne vorangehen- de Suppe eine Schuͤſſel voll blau geſottener Bar-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/299>, abgerufen am 24.11.2024.