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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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um des Nachts ohne Verzug zu Hülfe eilen zu
können. Ich fand eine große Scheune mit Schub-
karren, Pfählen, Weidengerten, Hacken, Schau-
feln, und andern mir nicht bekannten Instrumen-
ten angefüllt, und in strenger Ordnung so aufge-
speichert, daß keines verhinderte das andere zuerst
herbei zu holen. Zu gewissen bestimmten Zeiten
versammeln sich alle Grundeigenthümer des Di-
strikts bei dem Teichmeister, berathschlagen die
nöthigen Arbeiten, und berechnen die Kosten, die
alsdann nach der strengsten Ausmessung an jedem
Einzelnen vertheilt werden. Mir däucht es ist
nicht zu berechnen, wie zuträglich die Beschaffen-
heit des Bodens und die daraus hervorgehenden
Bedürfnisse dem Gemeingeist seyn müssen. Jeder
Eigenthümer ist hier dem andern gleich, denn die
Nothwendigkeit, das kleinste Eigenthum zu
sichern, ist eben so dringend, als von dem größ-
ten die Gefahr abzuwenden. Das Bewußtseyn
also, ohne höhere Einmischung, ein sehr wesent-
liches Theil zum Wohl des Ganzen beizutragen,
muß daneben jedem der einzelnen Männer eine ge-
wisse Würde in seinen eignen Augen geben, und
ihm den Fleck Erde so lieb machen, durch den er
sie erhält. Sollten aber politische Veränderun-

um des Nachts ohne Verzug zu Huͤlfe eilen zu
koͤnnen. Ich fand eine große Scheune mit Schub-
karren, Pfaͤhlen, Weidengerten, Hacken, Schau-
feln, und andern mir nicht bekannten Inſtrumen-
ten angefuͤllt, und in ſtrenger Ordnung ſo aufge-
ſpeichert, daß keines verhinderte das andere zuerſt
herbei zu holen. Zu gewiſſen beſtimmten Zeiten
verſammeln ſich alle Grundeigenthuͤmer des Di-
ſtrikts bei dem Teichmeiſter, berathſchlagen die
noͤthigen Arbeiten, und berechnen die Koſten, die
alsdann nach der ſtrengſten Ausmeſſung an jedem
Einzelnen vertheilt werden. Mir daͤucht es iſt
nicht zu berechnen, wie zutraͤglich die Beſchaffen-
heit des Bodens und die daraus hervorgehenden
Beduͤrfniſſe dem Gemeingeiſt ſeyn muͤſſen. Jeder
Eigenthuͤmer iſt hier dem andern gleich, denn die
Nothwendigkeit, das kleinſte Eigenthum zu
ſichern, iſt eben ſo dringend, als von dem groͤß-
ten die Gefahr abzuwenden. Das Bewußtſeyn
alſo, ohne hoͤhere Einmiſchung, ein ſehr weſent-
liches Theil zum Wohl des Ganzen beizutragen,
muß daneben jedem der einzelnen Maͤnner eine ge-
wiſſe Wuͤrde in ſeinen eignen Augen geben, und
ihm den Fleck Erde ſo lieb machen, durch den er
ſie erhaͤlt. Sollten aber politiſche Veraͤnderun-

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[282/0296] um des Nachts ohne Verzug zu Huͤlfe eilen zu koͤnnen. Ich fand eine große Scheune mit Schub- karren, Pfaͤhlen, Weidengerten, Hacken, Schau- feln, und andern mir nicht bekannten Inſtrumen- ten angefuͤllt, und in ſtrenger Ordnung ſo aufge- ſpeichert, daß keines verhinderte das andere zuerſt herbei zu holen. Zu gewiſſen beſtimmten Zeiten verſammeln ſich alle Grundeigenthuͤmer des Di- ſtrikts bei dem Teichmeiſter, berathſchlagen die noͤthigen Arbeiten, und berechnen die Koſten, die alsdann nach der ſtrengſten Ausmeſſung an jedem Einzelnen vertheilt werden. Mir daͤucht es iſt nicht zu berechnen, wie zutraͤglich die Beſchaffen- heit des Bodens und die daraus hervorgehenden Beduͤrfniſſe dem Gemeingeiſt ſeyn muͤſſen. Jeder Eigenthuͤmer iſt hier dem andern gleich, denn die Nothwendigkeit, das kleinſte Eigenthum zu ſichern, iſt eben ſo dringend, als von dem groͤß- ten die Gefahr abzuwenden. Das Bewußtſeyn alſo, ohne hoͤhere Einmiſchung, ein ſehr weſent- liches Theil zum Wohl des Ganzen beizutragen, muß daneben jedem der einzelnen Maͤnner eine ge- wiſſe Wuͤrde in ſeinen eignen Augen geben, und ihm den Fleck Erde ſo lieb machen, durch den er ſie erhaͤlt. Sollten aber politiſche Veraͤnderun-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/296>, abgerufen am 27.11.2024.