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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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in Jagersdorf zu seyn. Jenseits Oudewater gegen
die Yßel zu liegt das Land viel tiefer als gegen
Woerden. Die Polder sind sehr klein und die Zahl
der Abzugsgräben oder Schlote um so größer.
Alle Gräben sind mit Bäumen bepflanzt, und in
dieser Jahrszeit sind alle Kanäle mit Wasserlinsen
dergestalt bewachsen, daß ich dieser Tage aus
meinem Fenster eine Katze sah, die ein Jagdhund
verfolgte, und die mitten in einen Kanal sprang,
den sie, der ihn bedeckenden Wasserlinsen wegen,
für eine grüne Matte gehalten hatte. Seitdem
nahm ich mich selbst vor dergleichen Versehen in Acht.
Weit entfernt, daß dieses Gewächs dem Wasser
einen widrigen Geruch gäb, bin ich geneigt zu
glauben, daß es seine Verderbniß verhindere, in-
dem es die Wirkung der Sonne auf seine Ober-
fläche unterbricht. Ein frischer Wind fegt diese
grüne Decke vor sich her, und entblößt auf den
Ponds oder Teichen, so wie auf den Kanälen, ein
klares Wasser. Oft häuft sich dann dieses Ge-
wächs an einigen Orten so stark, daß es sich vor
den Schuits die darüber fahren hoch anhäuft, in-
dem sie eine Fahrstraße durchhin ziehen. Sollte
denn nicht die große Anzahl von Bäumen durch
ihr Nahrungsbedürfniß auch einen großen Theil

in Jagersdorf zu ſeyn. Jenſeits Oudewater gegen
die Yßel zu liegt das Land viel tiefer als gegen
Woerden. Die Polder ſind ſehr klein und die Zahl
der Abzugsgraͤben oder Schlote um ſo groͤßer.
Alle Graͤben ſind mit Baͤumen bepflanzt, und in
dieſer Jahrszeit ſind alle Kanaͤle mit Waſſerlinſen
dergeſtalt bewachſen, daß ich dieſer Tage aus
meinem Fenſter eine Katze ſah, die ein Jagdhund
verfolgte, und die mitten in einen Kanal ſprang,
den ſie, der ihn bedeckenden Waſſerlinſen wegen,
fuͤr eine gruͤne Matte gehalten hatte. Seitdem
nahm ich mich ſelbſt vor dergleichen Verſehen in Acht.
Weit entfernt, daß dieſes Gewaͤchs dem Waſſer
einen widrigen Geruch gaͤb, bin ich geneigt zu
glauben, daß es ſeine Verderbniß verhindere, in-
dem es die Wirkung der Sonne auf ſeine Ober-
flaͤche unterbricht. Ein friſcher Wind fegt dieſe
gruͤne Decke vor ſich her, und entbloͤßt auf den
Ponds oder Teichen, ſo wie auf den Kanaͤlen, ein
klares Waſſer. Oft haͤuft ſich dann dieſes Ge-
waͤchs an einigen Orten ſo ſtark, daß es ſich vor
den Schuits die daruͤber fahren hoch anhaͤuft, in-
dem ſie eine Fahrſtraße durchhin ziehen. Sollte
denn nicht die große Anzahl von Baͤumen durch
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[279/0293] in Jagersdorf zu ſeyn. Jenſeits Oudewater gegen die Yßel zu liegt das Land viel tiefer als gegen Woerden. Die Polder ſind ſehr klein und die Zahl der Abzugsgraͤben oder Schlote um ſo groͤßer. Alle Graͤben ſind mit Baͤumen bepflanzt, und in dieſer Jahrszeit ſind alle Kanaͤle mit Waſſerlinſen dergeſtalt bewachſen, daß ich dieſer Tage aus meinem Fenſter eine Katze ſah, die ein Jagdhund verfolgte, und die mitten in einen Kanal ſprang, den ſie, der ihn bedeckenden Waſſerlinſen wegen, fuͤr eine gruͤne Matte gehalten hatte. Seitdem nahm ich mich ſelbſt vor dergleichen Verſehen in Acht. Weit entfernt, daß dieſes Gewaͤchs dem Waſſer einen widrigen Geruch gaͤb, bin ich geneigt zu glauben, daß es ſeine Verderbniß verhindere, in- dem es die Wirkung der Sonne auf ſeine Ober- flaͤche unterbricht. Ein friſcher Wind fegt dieſe gruͤne Decke vor ſich her, und entbloͤßt auf den Ponds oder Teichen, ſo wie auf den Kanaͤlen, ein klares Waſſer. Oft haͤuft ſich dann dieſes Ge- waͤchs an einigen Orten ſo ſtark, daß es ſich vor den Schuits die daruͤber fahren hoch anhaͤuft, in- dem ſie eine Fahrſtraße durchhin ziehen. Sollte denn nicht die große Anzahl von Baͤumen durch ihr Nahrungsbeduͤrfniß auch einen großen Theil

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/293>, abgerufen am 24.11.2024.