mals Schönheit aussprechen. Die Menschen, die Dinge und der Boden haben nichts, was die Fan- tasie erhebt. Die litthauische Jammerhöle ruft jedes Gefühl von Mitleid und Haß hervor, ein Berner Bauerhaus entzückt mich zur Idylle -- eine holländische Wirthschaft macht mich leer und schläfrig. -- Ja, zur Idylle entzückt eine Berner Hütte! was fehlt denn sie zu idealisiren? Denkt euch das neue Bauerhaus in Deiswyl, wo wir mit unsern Knaben diesen Sommer Milch as- sen -- die Schneeberge rechts, der veilchenbraune Jura links, die reiche, weiche, lachende Aussicht von Hofwyl, Seedorf, dem Wasserspiegel, der Buchenwald -- du gehst durch schlängelnde Pfade über einige gehegte Wiesen, wo überall die freund- liche Hand des Gesetzes spricht; unter einem Dache von Obstblüthen hörst du beim Eintritt in den Hof den lebendigen Brunnen reich, kristallhell in das große Becken fallen, die großen fetten Kühe laben sich an dem klaren Strom, sie sehen sich langsam nach dem Fremdling um, und gehen zufrieden un- ter dem sanften Schall ihrer Glocken auf den Stall zu. Du steigst die Stufen hinan -- -- wenn nun * * dort wohnte? wenn er mir von der Feld- arbeit zurückkehrend die Hand böt, wenn ich in
mals Schoͤnheit ausſprechen. Die Menſchen, die Dinge und der Boden haben nichts, was die Fan- taſie erhebt. Die litthauiſche Jammerhoͤle ruft jedes Gefuͤhl von Mitleid und Haß hervor, ein Berner Bauerhaus entzuͤckt mich zur Idylle — eine hollaͤndiſche Wirthſchaft macht mich leer und ſchlaͤfrig. — Ja, zur Idylle entzuͤckt eine Berner Huͤtte! was fehlt denn ſie zu idealiſiren? Denkt euch das neue Bauerhaus in Deiswyl, wo wir mit unſern Knaben dieſen Sommer Milch aſ- ſen — die Schneeberge rechts, der veilchenbraune Jura links, die reiche, weiche, lachende Ausſicht von Hofwyl, Seedorf, dem Waſſerſpiegel, der Buchenwald — du gehſt durch ſchlaͤngelnde Pfade uͤber einige gehegte Wieſen, wo uͤberall die freund- liche Hand des Geſetzes ſpricht; unter einem Dache von Obſtbluͤthen hoͤrſt du beim Eintritt in den Hof den lebendigen Brunnen reich, kriſtallhell in das große Becken fallen, die großen fetten Kuͤhe laben ſich an dem klaren Strom, ſie ſehen ſich langſam nach dem Fremdling um, und gehen zufrieden un- ter dem ſanften Schall ihrer Glocken auf den Stall zu. Du ſteigſt die Stufen hinan — — wenn nun * * dort wohnte? wenn er mir von der Feld- arbeit zuruͤckkehrend die Hand boͤt, wenn ich in
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mals Schoͤnheit ausſprechen. Die Menſchen, die
Dinge und der Boden haben nichts, was die Fan-
taſie erhebt. Die litthauiſche Jammerhoͤle ruft
jedes Gefuͤhl von Mitleid und Haß hervor, ein
Berner Bauerhaus entzuͤckt mich zur Idylle
— eine hollaͤndiſche Wirthſchaft macht mich
leer und ſchlaͤfrig. — Ja, zur Idylle entzuͤckt eine
Berner Huͤtte! was fehlt denn ſie zu idealiſiren?
Denkt euch das neue Bauerhaus in Deiswyl, wo
wir mit unſern Knaben dieſen Sommer Milch aſ-
ſen — die Schneeberge rechts, der veilchenbraune
Jura links, die reiche, weiche, lachende Ausſicht
von Hofwyl, Seedorf, dem Waſſerſpiegel, der
Buchenwald — du gehſt durch ſchlaͤngelnde Pfade
uͤber einige gehegte Wieſen, wo uͤberall die freund-
liche Hand des Geſetzes ſpricht; unter einem Dache
von Obſtbluͤthen hoͤrſt du beim Eintritt in den Hof
den lebendigen Brunnen reich, kriſtallhell in das
große Becken fallen, die großen fetten Kuͤhe laben
ſich an dem klaren Strom, ſie ſehen ſich langſam
nach dem Fremdling um, und gehen zufrieden un-
ter dem ſanften Schall ihrer Glocken auf den Stall
zu. Du ſteigſt die Stufen hinan — — wenn
nun * * dort wohnte? wenn er mir von der Feld-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/282>, abgerufen am 24.11.2024.
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