an Größe zu glauben, der Menschen unsers Zeit- alters, und der göttliche Funken ist wieder in uns erweckt. -- Doch zurück zu meinen Menschen- wohnungen.
Auf breiten Landwegen, über Sandstrecken, auf denen bei trocknem Wetter die Räder knarren, fahr ich zwischen Heidekornfeldern hin -- große moosige Flächen unterbrechen ihre röthliche Blüthe, die wenig Wochen nach der Aussaat aus dem kah- len Boden einen sanften Teppich gebildet hat. Von beiden Seiten beschränken endlose Wälder den Gesichtskreis. Jetzt sehe ich Reste von hölzernen Umzäunungen, einige magere Kühe kriechen matt auf der dürren Weide, einige eben so kleine Pfer- de mit dicken Köpfen und starken Beinen kommen bei dem Pfeifen des Postillions lebhaft aus dem Walde gesprungen und laufen vor dem Wagen her, um an dem Posthause sich einspannen zu las- sen. Nun komme ich an ein Strohdach, das ge- rade hoch genug vom Boden erhöht ist, um mei- nen Arm darauf stützen zu können. Es ist aus Balken zusammen gelegt, die Ritzen mit Moos verstopft, und ein Paar Löcher, die hinein gesägt sind, dienen zu Fenstern. Aus einem größern, das bis zum Boden geht, qualmet mir ein dicker
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an Groͤße zu glauben, der Menſchen unſers Zeit- alters, und der goͤttliche Funken iſt wieder in uns erweckt. — Doch zuruͤck zu meinen Menſchen- wohnungen.
Auf breiten Landwegen, uͤber Sandſtrecken, auf denen bei trocknem Wetter die Raͤder knarren, fahr ich zwiſchen Heidekornfeldern hin — große mooſige Flaͤchen unterbrechen ihre roͤthliche Bluͤthe, die wenig Wochen nach der Ausſaat aus dem kah- len Boden einen ſanften Teppich gebildet hat. Von beiden Seiten beſchraͤnken endloſe Waͤlder den Geſichtskreis. Jetzt ſehe ich Reſte von hoͤlzernen Umzaͤunungen, einige magere Kuͤhe kriechen matt auf der duͤrren Weide, einige eben ſo kleine Pfer- de mit dicken Koͤpfen und ſtarken Beinen kommen bei dem Pfeifen des Poſtillions lebhaft aus dem Walde geſprungen und laufen vor dem Wagen her, um an dem Poſthauſe ſich einſpannen zu laſ- ſen. Nun komme ich an ein Strohdach, das ge- rade hoch genug vom Boden erhoͤht iſt, um mei- nen Arm darauf ſtuͤtzen zu koͤnnen. Es iſt aus Balken zuſammen gelegt, die Ritzen mit Moos verſtopft, und ein Paar Loͤcher, die hinein geſaͤgt ſind, dienen zu Fenſtern. Aus einem groͤßern, das bis zum Boden geht, qualmet mir ein dicker
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an Groͤße zu glauben, der Menſchen unſers Zeit-
alters, und der goͤttliche Funken iſt wieder in uns
erweckt. — Doch zuruͤck zu meinen Menſchen-
wohnungen.
Auf breiten Landwegen, uͤber Sandſtrecken,
auf denen bei trocknem Wetter die Raͤder knarren,
fahr ich zwiſchen Heidekornfeldern hin — große
mooſige Flaͤchen unterbrechen ihre roͤthliche Bluͤthe,
die wenig Wochen nach der Ausſaat aus dem kah-
len Boden einen ſanften Teppich gebildet hat.
Von beiden Seiten beſchraͤnken endloſe Waͤlder den
Geſichtskreis. Jetzt ſehe ich Reſte von hoͤlzernen
Umzaͤunungen, einige magere Kuͤhe kriechen matt
auf der duͤrren Weide, einige eben ſo kleine Pfer-
de mit dicken Koͤpfen und ſtarken Beinen kommen
bei dem Pfeifen des Poſtillions lebhaft aus dem
Walde geſprungen und laufen vor dem Wagen
her, um an dem Poſthauſe ſich einſpannen zu laſ-
ſen. Nun komme ich an ein Strohdach, das ge-
rade hoch genug vom Boden erhoͤht iſt, um mei-
nen Arm darauf ſtuͤtzen zu koͤnnen. Es iſt aus
Balken zuſammen gelegt, die Ritzen mit Moos
verſtopft, und ein Paar Loͤcher, die hinein geſaͤgt
ſind, dienen zu Fenſtern. Aus einem groͤßern,
das bis zum Boden geht, qualmet mir ein dicker
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/271>, abgerufen am 24.11.2024.
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