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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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anders gebietet; alle längs den Kanälen gepflanz-
ten herrlichen Bäume werden Jahr vor Jahr dezi-
mirt, aber der gefällte Baum unmittelbar durch
einen neugepflanzten ersetzt. Von der Ueppigkeit
des Wuchses dieser Gebüsche habe ich keinen Be-
griff gehabt. Alle fünf oder sechs Jahr wird ein
Schlag abgetrieben, und die hohen Stämme an
den Kanälen, oder an den mit gelblichem Sande
bestreuten Wegen, an den Meistbietenden verkauft.
O brave Crillon ou etoit tu? armer * *, wenn
du einen Buchenstamm für hundert und dreißig
Gulden verkaufen könntest! So verkauft man hier
manche Stämme -- sie sind prächtig, ja! --
aber o Ursperg, wie würdest du zum Eldorado
werden, wenn man die Riesenstämme deiner hei-
ligen Haine an den Lech senden könnte! Die Eichen
bleiben hier nicht so gesund wie die Buchen, und
auch unter diesen trügen oft die schönsten Stämme
durch anscheinende Gesundheit, indeß sie von der
Erde auf im Innern verfault sind. Ein gesunder
Weidenstamm -- hier freilich himmelan strebend
wie unsre schönsten Pappeln, wird mit zwanzig,
dreißig Gulden bezahlt. Was man damit macht?
-- Goldklumpen vielleicht? -- Ja Klumpen
wohl, aber an die Füße, das heißt: hölzerne

anders gebietet; alle laͤngs den Kanaͤlen gepflanz-
ten herrlichen Baͤume werden Jahr vor Jahr dezi-
mirt, aber der gefaͤllte Baum unmittelbar durch
einen neugepflanzten erſetzt. Von der Ueppigkeit
des Wuchſes dieſer Gebuͤſche habe ich keinen Be-
griff gehabt. Alle fuͤnf oder ſechs Jahr wird ein
Schlag abgetrieben, und die hohen Staͤmme an
den Kanaͤlen, oder an den mit gelblichem Sande
beſtreuten Wegen, an den Meiſtbietenden verkauft.
O brave Crillon ou etoit tu? armer * *, wenn
du einen Buchenſtamm fuͤr hundert und dreißig
Gulden verkaufen koͤnnteſt! So verkauft man hier
manche Staͤmme — ſie ſind praͤchtig, ja! —
aber o Ursperg, wie wuͤrdeſt du zum Eldorado
werden, wenn man die Rieſenſtaͤmme deiner hei-
ligen Haine an den Lech ſenden koͤnnte! Die Eichen
bleiben hier nicht ſo geſund wie die Buchen, und
auch unter dieſen truͤgen oft die ſchoͤnſten Staͤmme
durch anſcheinende Geſundheit, indeß ſie von der
Erde auf im Innern verfault ſind. Ein geſunder
Weidenſtamm — hier freilich himmelan ſtrebend
wie unſre ſchoͤnſten Pappeln, wird mit zwanzig,
dreißig Gulden bezahlt. Was man damit macht?
— Goldklumpen vielleicht? — Ja Klumpen
wohl, aber an die Fuͤße, das heißt: hoͤlzerne

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[238/0252] anders gebietet; alle laͤngs den Kanaͤlen gepflanz- ten herrlichen Baͤume werden Jahr vor Jahr dezi- mirt, aber der gefaͤllte Baum unmittelbar durch einen neugepflanzten erſetzt. Von der Ueppigkeit des Wuchſes dieſer Gebuͤſche habe ich keinen Be- griff gehabt. Alle fuͤnf oder ſechs Jahr wird ein Schlag abgetrieben, und die hohen Staͤmme an den Kanaͤlen, oder an den mit gelblichem Sande beſtreuten Wegen, an den Meiſtbietenden verkauft. O brave Crillon ou etoit tu? armer * *, wenn du einen Buchenſtamm fuͤr hundert und dreißig Gulden verkaufen koͤnnteſt! So verkauft man hier manche Staͤmme — ſie ſind praͤchtig, ja! — aber o Ursperg, wie wuͤrdeſt du zum Eldorado werden, wenn man die Rieſenſtaͤmme deiner hei- ligen Haine an den Lech ſenden koͤnnte! Die Eichen bleiben hier nicht ſo geſund wie die Buchen, und auch unter dieſen truͤgen oft die ſchoͤnſten Staͤmme durch anſcheinende Geſundheit, indeß ſie von der Erde auf im Innern verfault ſind. Ein geſunder Weidenſtamm — hier freilich himmelan ſtrebend wie unſre ſchoͤnſten Pappeln, wird mit zwanzig, dreißig Gulden bezahlt. Was man damit macht? — Goldklumpen vielleicht? — Ja Klumpen wohl, aber an die Fuͤße, das heißt: hoͤlzerne

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/252>, abgerufen am 27.11.2024.