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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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die du einem Gaste erzeigst, es ist das Fußwasser
der alten Araber, der Betul der Türken, der Ca-
lumet der Amerikaner -- ich würde mich gar nicht
wundern, wenn ein holländischer Maler Abraham
darstellte, wie er seinen Hausfreunden, den ihn
besuchenden Engeln, ein Stovchen zutrüge. Im
holländischen Schauspiel hatte ich mich kaum hin-
gesetzt, so öffnete sich die Logenthüre, und eine
wohlthätige Hand versorgte mich mit diesem heil-
losen Geräthe, über das ich jedesmal stolpere, wenn
ich es aus Menschenfurcht annehme, oder es un-
versehens im Aufstehen weit vor mir her über den
Teppich fahren mache. Geschäh das im Winter,
so gäbs Feuersgefahr, jetzt ist kein Feuer darin.
Außer der Schädlichkeit dieser Gewohnheit, welche
die Aerzte sehr klar darthun können, giebt sie den
Weibern eine widrige, aller Grazie entgegen stre-
bende Stellung. Die Schenkel machen mit dem
Oberleib, und dann wieder mit den Beinen zwei
rechte Winkel -- sie sitzen da, wie die alten Isis-
bilder. Nehmen sie nun noch eines ihrer vierecki-
gen Nähkißchen auf den Schoos, so lief ich, wär
ich ein Mann, ganz gewiß davon. Auch diese
Sitte haben die Schweizerinnen mit den Hollän-
derinnen gemein, die Feuerkästchen, Nähkißchen,

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die du einem Gaſte erzeigſt, es iſt das Fußwaſſer
der alten Araber, der Betul der Tuͤrken, der Ca-
lumet der Amerikaner — ich wuͤrde mich gar nicht
wundern, wenn ein hollaͤndiſcher Maler Abraham
darſtellte, wie er ſeinen Hausfreunden, den ihn
beſuchenden Engeln, ein Stovchen zutruͤge. Im
hollaͤndiſchen Schauſpiel hatte ich mich kaum hin-
geſetzt, ſo oͤffnete ſich die Logenthuͤre, und eine
wohlthaͤtige Hand verſorgte mich mit dieſem heil-
loſen Geraͤthe, uͤber das ich jedesmal ſtolpere, wenn
ich es aus Menſchenfurcht annehme, oder es un-
verſehens im Aufſtehen weit vor mir her uͤber den
Teppich fahren mache. Geſchaͤh das im Winter,
ſo gaͤbs Feuersgefahr, jetzt iſt kein Feuer darin.
Außer der Schaͤdlichkeit dieſer Gewohnheit, welche
die Aerzte ſehr klar darthun koͤnnen, giebt ſie den
Weibern eine widrige, aller Grazie entgegen ſtre-
bende Stellung. Die Schenkel machen mit dem
Oberleib, und dann wieder mit den Beinen zwei
rechte Winkel — ſie ſitzen da, wie die alten Iſis-
bilder. Nehmen ſie nun noch eines ihrer vierecki-
gen Naͤhkißchen auf den Schoos, ſo lief ich, waͤr
ich ein Mann, ganz gewiß davon. Auch dieſe
Sitte haben die Schweizerinnen mit den Hollaͤn-
derinnen gemein, die Feuerkaͤſtchen, Naͤhkißchen,

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[179/0193] die du einem Gaſte erzeigſt, es iſt das Fußwaſſer der alten Araber, der Betul der Tuͤrken, der Ca- lumet der Amerikaner — ich wuͤrde mich gar nicht wundern, wenn ein hollaͤndiſcher Maler Abraham darſtellte, wie er ſeinen Hausfreunden, den ihn beſuchenden Engeln, ein Stovchen zutruͤge. Im hollaͤndiſchen Schauſpiel hatte ich mich kaum hin- geſetzt, ſo oͤffnete ſich die Logenthuͤre, und eine wohlthaͤtige Hand verſorgte mich mit dieſem heil- loſen Geraͤthe, uͤber das ich jedesmal ſtolpere, wenn ich es aus Menſchenfurcht annehme, oder es un- verſehens im Aufſtehen weit vor mir her uͤber den Teppich fahren mache. Geſchaͤh das im Winter, ſo gaͤbs Feuersgefahr, jetzt iſt kein Feuer darin. Außer der Schaͤdlichkeit dieſer Gewohnheit, welche die Aerzte ſehr klar darthun koͤnnen, giebt ſie den Weibern eine widrige, aller Grazie entgegen ſtre- bende Stellung. Die Schenkel machen mit dem Oberleib, und dann wieder mit den Beinen zwei rechte Winkel — ſie ſitzen da, wie die alten Iſis- bilder. Nehmen ſie nun noch eines ihrer vierecki- gen Naͤhkißchen auf den Schoos, ſo lief ich, waͤr ich ein Mann, ganz gewiß davon. Auch dieſe Sitte haben die Schweizerinnen mit den Hollaͤn- derinnen gemein, die Feuerkaͤſtchen, Naͤhkißchen, M 2

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/193>, abgerufen am 23.12.2024.