mich einen gewissen englischen General, der die deutschen Truppen damals für den amerikanischen Krieg einhandelte, an der großen Fontaine der verwittweten Herzog von Braunschweig vorstellen gesehn zu haben. Meinem zwölfjährigen Kopf kams damals ganz wunderschön und prächtig vor, wie der Britte in seiner glänzenden Uniform, ein Knie am Boden der alten Dame die Hand küßte. Sie hatte eine hohe Fontango und großen Reif- rock wie alle Damen um sie her, alles glänzte von Brillanten, in denen die Sonne blinkerte wie in den Millionen Wassertropfen des herrlichen Springbrunnen. Damals fand ich die Brillan- ten aber interessanter, jetzt schwebt der ganze Auf- tritt vor mir wie ein Guckkastenbild, und wüßte ich nicht sicher, daß ich ihn wirklich sah, hielt ich die Hecken, und die Menschen, und die Handlung für einen Guckkasten-Vorgang. Im Jahre fünf und neunzig hörte ich unter manchen Zügen, wel- che unsre satte Weichlichkeit so gern vergißt, wie in der Nacht des neunten Thermidor die Gefang- nen auf die Sturmglocken horchten, und auf die Lärmtrommel, und endlich unterbrach einer diese bange Stille und sagte: mir däucht ich werde heu- te Nacht achtzig Jahre alt. Wenn ich jene Zeit
mich einen gewiſſen engliſchen General, der die deutſchen Truppen damals fuͤr den amerikaniſchen Krieg einhandelte, an der großen Fontaine der verwittweten Herzog von Braunſchweig vorſtellen geſehn zu haben. Meinem zwoͤlfjaͤhrigen Kopf kams damals ganz wunderſchoͤn und praͤchtig vor, wie der Britte in ſeiner glaͤnzenden Uniform, ein Knie am Boden der alten Dame die Hand kuͤßte. Sie hatte eine hohe Fontango und großen Reif- rock wie alle Damen um ſie her, alles glaͤnzte von Brillanten, in denen die Sonne blinkerte wie in den Millionen Waſſertropfen des herrlichen Springbrunnen. Damals fand ich die Brillan- ten aber intereſſanter, jetzt ſchwebt der ganze Auf- tritt vor mir wie ein Guckkaſtenbild, und wuͤßte ich nicht ſicher, daß ich ihn wirklich ſah, hielt ich die Hecken, und die Menſchen, und die Handlung fuͤr einen Guckkaſten-Vorgang. Im Jahre fuͤnf und neunzig hoͤrte ich unter manchen Zuͤgen, wel- che unſre ſatte Weichlichkeit ſo gern vergißt, wie in der Nacht des neunten Thermidor die Gefang- nen auf die Sturmglocken horchten, und auf die Laͤrmtrommel, und endlich unterbrach einer dieſe bange Stille und ſagte: mir daͤucht ich werde heu- te Nacht achtzig Jahre alt. Wenn ich jene Zeit
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mich einen gewiſſen engliſchen General, der die
deutſchen Truppen damals fuͤr den amerikaniſchen
Krieg einhandelte, an der großen Fontaine der
verwittweten Herzog von Braunſchweig vorſtellen
geſehn zu haben. Meinem zwoͤlfjaͤhrigen Kopf
kams damals ganz wunderſchoͤn und praͤchtig vor,
wie der Britte in ſeiner glaͤnzenden Uniform, ein
Knie am Boden der alten Dame die Hand kuͤßte.
Sie hatte eine hohe Fontango und großen Reif-
rock wie alle Damen um ſie her, alles glaͤnzte von
Brillanten, in denen die Sonne blinkerte wie in
den Millionen Waſſertropfen des herrlichen
Springbrunnen. Damals fand ich die Brillan-
ten aber intereſſanter, jetzt ſchwebt der ganze Auf-
tritt vor mir wie ein Guckkaſtenbild, und wuͤßte
ich nicht ſicher, daß ich ihn wirklich ſah, hielt ich
die Hecken, und die Menſchen, und die Handlung
fuͤr einen Guckkaſten-Vorgang. Im Jahre fuͤnf
und neunzig hoͤrte ich unter manchen Zuͤgen, wel-
che unſre ſatte Weichlichkeit ſo gern vergißt, wie
in der Nacht des neunten Thermidor die Gefang-
nen auf die Sturmglocken horchten, und auf die
Laͤrmtrommel, und endlich unterbrach einer dieſe
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/19>, abgerufen am 22.12.2024.
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