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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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mählde gegenüber steht ein eben so großes von van
der Elst, ein Gastmahl, das zur Feier des west-
phälischen Friedens gegeben ward. Die Namen
aller dargestellten Männer sind unter dem Ge-
mählde angezeigt, und der Mahler war ihr Zeit-
genosse. So ein Gastmahl ist eben kein sehr erha-
bener Gegenstand, und wenn er einem unsrer be-
rühmten Zeichner wäre aufgegeben worden, so
würde man die holländische Natur wunderbar ka-
rakterisirt haben. Mein würdiger Künstler faßte
sie mit Geist und Leben auf. Die Figuren schie-
nen zu athmen, zu handeln, die Gruppirung der
es an Einheit fehlt, weil keine eigentliche Hand-
lung die einzelnen Figuren verbindet, ist dennoch
bedeutend, und ohne die scharfe Grenzlinie des
Anständigen zu verletzen, ist wirklich die Freude
des Mahlers ein schöner Kranz, der die derben,
biedern, karaktervollen Gesichter zu einem Ganzen
vereint. Das Herz lacht den Zuschauer aus diesen
herrlichen Köpfen an. Der reiche, komeliche
Anzug -- wenn mancher Deutsche der Engländer
ihr comfortable mit keinem deutschen Ausdruck zu
ersetzen weiß, so erlaubt mir dagegen unsrer Berg-
vettern komelich zu gebrauchen -- so weit und
vollkommen, und doch nicht hängend und einhül-

maͤhlde gegenuͤber ſteht ein eben ſo großes von van
der Elſt, ein Gaſtmahl, das zur Feier des weſt-
phaͤliſchen Friedens gegeben ward. Die Namen
aller dargeſtellten Maͤnner ſind unter dem Ge-
maͤhlde angezeigt, und der Mahler war ihr Zeit-
genoſſe. So ein Gaſtmahl iſt eben kein ſehr erha-
bener Gegenſtand, und wenn er einem unſrer be-
ruͤhmten Zeichner waͤre aufgegeben worden, ſo
wuͤrde man die hollaͤndiſche Natur wunderbar ka-
rakteriſirt haben. Mein wuͤrdiger Kuͤnſtler faßte
ſie mit Geiſt und Leben auf. Die Figuren ſchie-
nen zu athmen, zu handeln, die Gruppirung der
es an Einheit fehlt, weil keine eigentliche Hand-
lung die einzelnen Figuren verbindet, iſt dennoch
bedeutend, und ohne die ſcharfe Grenzlinie des
Anſtaͤndigen zu verletzen, iſt wirklich die Freude
des Mahlers ein ſchoͤner Kranz, der die derben,
biedern, karaktervollen Geſichter zu einem Ganzen
vereint. Das Herz lacht den Zuſchauer aus dieſen
herrlichen Koͤpfen an. Der reiche, komeliche
Anzug — wenn mancher Deutſche der Englaͤnder
ihr comfortable mit keinem deutſchen Ausdruck zu
erſetzen weiß, ſo erlaubt mir dagegen unſrer Berg-
vettern komelich zu gebrauchen — ſo weit und
vollkommen, und doch nicht haͤngend und einhuͤl-

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[170/0184] maͤhlde gegenuͤber ſteht ein eben ſo großes von van der Elſt, ein Gaſtmahl, das zur Feier des weſt- phaͤliſchen Friedens gegeben ward. Die Namen aller dargeſtellten Maͤnner ſind unter dem Ge- maͤhlde angezeigt, und der Mahler war ihr Zeit- genoſſe. So ein Gaſtmahl iſt eben kein ſehr erha- bener Gegenſtand, und wenn er einem unſrer be- ruͤhmten Zeichner waͤre aufgegeben worden, ſo wuͤrde man die hollaͤndiſche Natur wunderbar ka- rakteriſirt haben. Mein wuͤrdiger Kuͤnſtler faßte ſie mit Geiſt und Leben auf. Die Figuren ſchie- nen zu athmen, zu handeln, die Gruppirung der es an Einheit fehlt, weil keine eigentliche Hand- lung die einzelnen Figuren verbindet, iſt dennoch bedeutend, und ohne die ſcharfe Grenzlinie des Anſtaͤndigen zu verletzen, iſt wirklich die Freude des Mahlers ein ſchoͤner Kranz, der die derben, biedern, karaktervollen Geſichter zu einem Ganzen vereint. Das Herz lacht den Zuſchauer aus dieſen herrlichen Koͤpfen an. Der reiche, komeliche Anzug — wenn mancher Deutſche der Englaͤnder ihr comfortable mit keinem deutſchen Ausdruck zu erſetzen weiß, ſo erlaubt mir dagegen unſrer Berg- vettern komelich zu gebrauchen — ſo weit und vollkommen, und doch nicht haͤngend und einhuͤl-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/184>, abgerufen am 29.11.2024.