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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Ameisen, jedes Gewürm ab, schneidet mit ei-
ner Scheere jede angefressene Beere an der Traube
aus, damit die übrigen weder angesteckt noch in
ihrem Wuchse gehindert werden, so, daß die reife
Traube endlich ohne Makel und ein Muster von
Vollkommenheit ist. Eben so behandelt man die
Pfirsichbäume, Kirschen und andre Sommerfrüch-
te. Die Pfirschen sind von einer Vollkommenheit,
von einem Dufte, einer Farbenglut, wie ich sie
nirgends fand, in den günstigsten Lagen am Rhein
nicht, in den künstlichsten Treibhäusern von Pots-
dam nicht, und die kostbaren Pfirschen, welche
täglich ein Courier von den königlichen Treibhäu-
sern in Warschau der Kaiserin Katharine nach
Cherson bringen mußte *), schienen Holzäpfel da-
gegen zu seyn. Bei dieser Fülle von Früchten, bei
einer großen Verschiedenheit von Confitüren, die
man hier von den Inseln erhält, könnte ich leicht
in Gefahr kommen, mich recht an diesen Zweig
des Irrdischen zu hängen. Sorgt aber nicht.

*) Im Jahr 1787 zeigte man der Briefstellerin auf des
Königs Landsitz bei Warschau Pfirsichen, welche der da-
mals in Cherson anwesenden Kaiserin durch Courriere
zugesandt wurden.

Ameiſen, jedes Gewuͤrm ab, ſchneidet mit ei-
ner Scheere jede angefreſſene Beere an der Traube
aus, damit die uͤbrigen weder angeſteckt noch in
ihrem Wuchſe gehindert werden, ſo, daß die reife
Traube endlich ohne Makel und ein Muſter von
Vollkommenheit iſt. Eben ſo behandelt man die
Pfirſichbaͤume, Kirſchen und andre Sommerfruͤch-
te. Die Pfirſchen ſind von einer Vollkommenheit,
von einem Dufte, einer Farbenglut, wie ich ſie
nirgends fand, in den guͤnſtigſten Lagen am Rhein
nicht, in den kuͤnſtlichſten Treibhaͤuſern von Pots-
dam nicht, und die koſtbaren Pfirſchen, welche
taͤglich ein Courier von den koͤniglichen Treibhaͤu-
ſern in Warſchau der Kaiſerin Katharine nach
Cherſon bringen mußte *), ſchienen Holzaͤpfel da-
gegen zu ſeyn. Bei dieſer Fuͤlle von Fruͤchten, bei
einer großen Verſchiedenheit von Confituͤren, die
man hier von den Inſeln erhaͤlt, koͤnnte ich leicht
in Gefahr kommen, mich recht an dieſen Zweig
des Irrdiſchen zu haͤngen. Sorgt aber nicht.

*) Im Jahr 1787 zeigte man der Briefſtellerin auf des
Koͤnigs Landſitz bei Warſchau Pfirſichen, welche der da-
mals in Cherſon anweſenden Kaiſerin durch Courriere
zugeſandt wurden.
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[143/0157] Ameiſen, jedes Gewuͤrm ab, ſchneidet mit ei- ner Scheere jede angefreſſene Beere an der Traube aus, damit die uͤbrigen weder angeſteckt noch in ihrem Wuchſe gehindert werden, ſo, daß die reife Traube endlich ohne Makel und ein Muſter von Vollkommenheit iſt. Eben ſo behandelt man die Pfirſichbaͤume, Kirſchen und andre Sommerfruͤch- te. Die Pfirſchen ſind von einer Vollkommenheit, von einem Dufte, einer Farbenglut, wie ich ſie nirgends fand, in den guͤnſtigſten Lagen am Rhein nicht, in den kuͤnſtlichſten Treibhaͤuſern von Pots- dam nicht, und die koſtbaren Pfirſchen, welche taͤglich ein Courier von den koͤniglichen Treibhaͤu- ſern in Warſchau der Kaiſerin Katharine nach Cherſon bringen mußte *), ſchienen Holzaͤpfel da- gegen zu ſeyn. Bei dieſer Fuͤlle von Fruͤchten, bei einer großen Verſchiedenheit von Confituͤren, die man hier von den Inſeln erhaͤlt, koͤnnte ich leicht in Gefahr kommen, mich recht an dieſen Zweig des Irrdiſchen zu haͤngen. Sorgt aber nicht. *) Im Jahr 1787 zeigte man der Briefſtellerin auf des Koͤnigs Landſitz bei Warſchau Pfirſichen, welche der da- mals in Cherſon anweſenden Kaiſerin durch Courriere zugeſandt wurden.

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/157>, abgerufen am 23.11.2024.