wandelte, wirklich erst fünf Jahr alt, und im nächsten für das Beil reif sei. Eine Stunde vor Cleve fängt ein schöner hochstämmiger Wald an, durch den eine gerade Allee geht, rechts sind zu- weilen einige Weideplätze, auch ein großer Teich, zuletzt blickt Cleve mit seinen Stadtmauern, ho- hen Thürmen und vielen Windmühlen durch die gelichteten Baumgipfel, bis sich der Weg in die herrlichen Alleen verliert, von denen die Stadt umgeben ist. Solche Bäume und solchen Schat- ten kennen wir in Deutschland kaum -- es ist ei- ne Kraft in dem Wuchse, die uns auf eine Zeit zu deuten scheint, wo es den Leuten noch gar nicht in den Sinn kam, so gerade Alleen zu pflan- zen. Wohin man blickt durchschneiden sie hier die Gegend um die Stadt her, vor deren Thoren ein großer Park der viel Wildprett hegt, die wohlha- benden Holländer, besonders aus Amsterdam, an- zieht, hier einige Sommerwochen zuzubringen. Da uns die Umstände jeden Aufenthalt verboten, fuhren wir gar nicht in die Stadt, sondern links um dieselbe vor die Post, weil der elende Zustand unserer köllnischen Pferde uns nicht daran denken ließ, mit ihnen den Weg fortzusetzen. Da half nun weder Zorn noch Klage, unser köllnischer Pro-
wandelte, wirklich erſt fuͤnf Jahr alt, und im naͤchſten fuͤr das Beil reif ſei. Eine Stunde vor Cleve faͤngt ein ſchoͤner hochſtaͤmmiger Wald an, durch den eine gerade Allee geht, rechts ſind zu- weilen einige Weideplaͤtze, auch ein großer Teich, zuletzt blickt Cleve mit ſeinen Stadtmauern, ho- hen Thuͤrmen und vielen Windmuͤhlen durch die gelichteten Baumgipfel, bis ſich der Weg in die herrlichen Alleen verliert, von denen die Stadt umgeben iſt. Solche Baͤume und ſolchen Schat- ten kennen wir in Deutſchland kaum — es iſt ei- ne Kraft in dem Wuchſe, die uns auf eine Zeit zu deuten ſcheint, wo es den Leuten noch gar nicht in den Sinn kam, ſo gerade Alleen zu pflan- zen. Wohin man blickt durchſchneiden ſie hier die Gegend um die Stadt her, vor deren Thoren ein großer Park der viel Wildprett hegt, die wohlha- benden Hollaͤnder, beſonders aus Amſterdam, an- zieht, hier einige Sommerwochen zuzubringen. Da uns die Umſtaͤnde jeden Aufenthalt verboten, fuhren wir gar nicht in die Stadt, ſondern links um dieſelbe vor die Poſt, weil der elende Zuſtand unſerer koͤllniſchen Pferde uns nicht daran denken ließ, mit ihnen den Weg fortzuſetzen. Da half nun weder Zorn noch Klage, unſer koͤllniſcher Pro-
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wandelte, wirklich erſt fuͤnf Jahr alt, und im
naͤchſten fuͤr das Beil reif ſei. Eine Stunde vor
Cleve faͤngt ein ſchoͤner hochſtaͤmmiger Wald an,
durch den eine gerade Allee geht, rechts ſind zu-
weilen einige Weideplaͤtze, auch ein großer Teich,
zuletzt blickt Cleve mit ſeinen Stadtmauern, ho-
hen Thuͤrmen und vielen Windmuͤhlen durch die
gelichteten Baumgipfel, bis ſich der Weg in die
herrlichen Alleen verliert, von denen die Stadt
umgeben iſt. Solche Baͤume und ſolchen Schat-
ten kennen wir in Deutſchland kaum — es iſt ei-
ne Kraft in dem Wuchſe, die uns auf eine Zeit
zu deuten ſcheint, wo es den Leuten noch gar
nicht in den Sinn kam, ſo gerade Alleen zu pflan-
zen. Wohin man blickt durchſchneiden ſie hier die
Gegend um die Stadt her, vor deren Thoren ein
großer Park der viel Wildprett hegt, die wohlha-
benden Hollaͤnder, beſonders aus Amſterdam, an-
zieht, hier einige Sommerwochen zuzubringen.
Da uns die Umſtaͤnde jeden Aufenthalt verboten,
fuhren wir gar nicht in die Stadt, ſondern links
um dieſelbe vor die Poſt, weil der elende Zuſtand
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/104>, abgerufen am 27.11.2024.
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