Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.bloße Zittern in Gigia's Stimme, das sie überzeugte. Und wie rührend schön sah die Arme aus, da sie vor ihr lag in ihrem halbverdorbenen Putze und ihr die heißen Thränen so unaufhaltsam aus den Augen stürzten. Maso sah das befriedigte Lächeln im Gesichte seiner Padrona und rief: Sie will nicht glauben, die Sonderbare, daß Eure Signoria uns den Tisch so schön gedeckt hat! Donna Ersilia suchte den seligen Jungen nicht von seiner Auffassung der Ereignisse abzubringen. Vielmehr sagte sie zu dem Mädchen: Nun ja, es ist gut, steh auf. Hättest du gleich Anfangs mich in der rechten Weise angesprochen, so würd' ich dir all die Noth und Verwirrung erspart haben. O Illustrissima, rief Gigia und seufzte auf, aber vor Freude, weil die Signora ihr so freundlich zulächelte, da sehe ich wieder einmal, wie wahr es ist, daß man nicht eher an den Heiligen glaubt, als bis er das Wunder gethan hat. Diese Antwort gewann ihr vollends die Gunst der Signora, welche bei sich dachte: Gut! gut! des Glaubens sollen sie bleiben, daß ich ihr Schicksal so wohl gewendet habe: dann werde ich auch ferner Einfluß üben auf ihre Gemüther und sie in der Liebe zu einander erhalten können. Donna Ersilia verordnete, daß Maso, der jetzt gesund sei, heim nach Valtella in das elterliche Haus kehre, Gigia aber an seiner Statt bei den Verwalters- bloße Zittern in Gigia's Stimme, das sie überzeugte. Und wie rührend schön sah die Arme aus, da sie vor ihr lag in ihrem halbverdorbenen Putze und ihr die heißen Thränen so unaufhaltsam aus den Augen stürzten. Maso sah das befriedigte Lächeln im Gesichte seiner Padrona und rief: Sie will nicht glauben, die Sonderbare, daß Eure Signoria uns den Tisch so schön gedeckt hat! Donna Ersilia suchte den seligen Jungen nicht von seiner Auffassung der Ereignisse abzubringen. Vielmehr sagte sie zu dem Mädchen: Nun ja, es ist gut, steh auf. Hättest du gleich Anfangs mich in der rechten Weise angesprochen, so würd' ich dir all die Noth und Verwirrung erspart haben. O Illustrissima, rief Gigia und seufzte auf, aber vor Freude, weil die Signora ihr so freundlich zulächelte, da sehe ich wieder einmal, wie wahr es ist, daß man nicht eher an den Heiligen glaubt, als bis er das Wunder gethan hat. Diese Antwort gewann ihr vollends die Gunst der Signora, welche bei sich dachte: Gut! gut! des Glaubens sollen sie bleiben, daß ich ihr Schicksal so wohl gewendet habe: dann werde ich auch ferner Einfluß üben auf ihre Gemüther und sie in der Liebe zu einander erhalten können. Donna Ersilia verordnete, daß Maso, der jetzt gesund sei, heim nach Valtella in das elterliche Haus kehre, Gigia aber an seiner Statt bei den Verwalters- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0077"/> bloße Zittern in Gigia's Stimme, das sie überzeugte. Und wie rührend schön sah die Arme aus, da sie vor ihr lag in ihrem halbverdorbenen Putze und ihr die heißen Thränen so unaufhaltsam aus den Augen stürzten.</p><lb/> <p>Maso sah das befriedigte Lächeln im Gesichte seiner Padrona und rief: Sie will nicht glauben, die Sonderbare, daß Eure Signoria uns den Tisch so schön gedeckt hat!</p><lb/> <p>Donna Ersilia suchte den seligen Jungen nicht von seiner Auffassung der Ereignisse abzubringen. Vielmehr sagte sie zu dem Mädchen: Nun ja, es ist gut, steh auf. Hättest du gleich Anfangs mich in der rechten Weise angesprochen, so würd' ich dir all die Noth und Verwirrung erspart haben.</p><lb/> <p>O Illustrissima, rief Gigia <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> seufzte auf, aber vor Freude, weil die Signora ihr so freundlich zulächelte, da sehe ich wieder einmal, wie wahr es ist, daß man nicht eher an den Heiligen glaubt, als bis er das Wunder gethan hat.</p><lb/> <p>Diese Antwort gewann ihr vollends die Gunst der Signora, welche bei sich dachte: Gut! gut! des Glaubens sollen sie bleiben, daß ich ihr Schicksal so wohl gewendet habe: dann werde ich auch ferner Einfluß üben auf ihre Gemüther und sie in der Liebe zu einander erhalten können.</p><lb/> <p>Donna Ersilia verordnete, daß Maso, der jetzt gesund sei, heim nach Valtella in das elterliche Haus kehre, Gigia aber an seiner Statt bei den Verwalters-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
bloße Zittern in Gigia's Stimme, das sie überzeugte. Und wie rührend schön sah die Arme aus, da sie vor ihr lag in ihrem halbverdorbenen Putze und ihr die heißen Thränen so unaufhaltsam aus den Augen stürzten.
Maso sah das befriedigte Lächeln im Gesichte seiner Padrona und rief: Sie will nicht glauben, die Sonderbare, daß Eure Signoria uns den Tisch so schön gedeckt hat!
Donna Ersilia suchte den seligen Jungen nicht von seiner Auffassung der Ereignisse abzubringen. Vielmehr sagte sie zu dem Mädchen: Nun ja, es ist gut, steh auf. Hättest du gleich Anfangs mich in der rechten Weise angesprochen, so würd' ich dir all die Noth und Verwirrung erspart haben.
O Illustrissima, rief Gigia und seufzte auf, aber vor Freude, weil die Signora ihr so freundlich zulächelte, da sehe ich wieder einmal, wie wahr es ist, daß man nicht eher an den Heiligen glaubt, als bis er das Wunder gethan hat.
Diese Antwort gewann ihr vollends die Gunst der Signora, welche bei sich dachte: Gut! gut! des Glaubens sollen sie bleiben, daß ich ihr Schicksal so wohl gewendet habe: dann werde ich auch ferner Einfluß üben auf ihre Gemüther und sie in der Liebe zu einander erhalten können.
Donna Ersilia verordnete, daß Maso, der jetzt gesund sei, heim nach Valtella in das elterliche Haus kehre, Gigia aber an seiner Statt bei den Verwalters-
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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