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Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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di Sdraiano und hat ein gutes Podere und keine Schulden, und der Sohn -- nun der gleicht ein bischen einem Zaunpfahl, aber die Pfähle sind ja dazu da, um sich daran zu halten. Und dann nenne ich Bistino Rossi, den Barbier; der hat sein eigen Haus und nimmt von seinen Miethern einen hübschen Zins ein, und im Frühjahr, wenn er den Leuten zur Ader läßt, da wird für ihn all das schlechte Blut zu gutem Geld -- -- Eure Signoria muß sein Haus kennen, es ist das neben der Schenke.

Auch der Deutsche erinnerte sich des Hauses: er hatte vorhin beim Vorübergehen das Bild betrachtet, welches, über der Thüre auf die Mauer gemalt, höchst anschaulich eine Hand vorstellte, die mit einer Lanzette groß wie ein Fleischermesser bewaffnet war, und einen aufgestreiften Arm, aus welchem das Blut im Bogen hervorsprang.

-- Aber was hilft alles Zureden bei dieser Eigensinnigen, die Euch zur Antwort giebt: der Agenore sei so groß, daß er allein Alles aufessen und die Frau hungern lassen würde, so sagt sie, und dann wieder im Hause Bistino's würde der Blutgeruch sie am Schlafe hindern, -- und so hat sie allemal eine Ausrede; aber die Wahrheit ist, sie hat sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Männer seien nur in der Welt, um die Frauen zu quälen, -- der fremde Signore wolle mich entschuldigen -- aber das ist nun einmal ihre Meinung, und darum will sie lieber ein Mädchen bleiben

di Sdraiano und hat ein gutes Podere und keine Schulden, und der Sohn — nun der gleicht ein bischen einem Zaunpfahl, aber die Pfähle sind ja dazu da, um sich daran zu halten. Und dann nenne ich Bistino Rossi, den Barbier; der hat sein eigen Haus und nimmt von seinen Miethern einen hübschen Zins ein, und im Frühjahr, wenn er den Leuten zur Ader läßt, da wird für ihn all das schlechte Blut zu gutem Geld — — Eure Signoria muß sein Haus kennen, es ist das neben der Schenke.

Auch der Deutsche erinnerte sich des Hauses: er hatte vorhin beim Vorübergehen das Bild betrachtet, welches, über der Thüre auf die Mauer gemalt, höchst anschaulich eine Hand vorstellte, die mit einer Lanzette groß wie ein Fleischermesser bewaffnet war, und einen aufgestreiften Arm, aus welchem das Blut im Bogen hervorsprang.

— Aber was hilft alles Zureden bei dieser Eigensinnigen, die Euch zur Antwort giebt: der Agenore sei so groß, daß er allein Alles aufessen und die Frau hungern lassen würde, so sagt sie, und dann wieder im Hause Bistino's würde der Blutgeruch sie am Schlafe hindern, — und so hat sie allemal eine Ausrede; aber die Wahrheit ist, sie hat sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Männer seien nur in der Welt, um die Frauen zu quälen, — der fremde Signore wolle mich entschuldigen — aber das ist nun einmal ihre Meinung, und darum will sie lieber ein Mädchen bleiben

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[0026] di Sdraiano und hat ein gutes Podere und keine Schulden, und der Sohn — nun der gleicht ein bischen einem Zaunpfahl, aber die Pfähle sind ja dazu da, um sich daran zu halten. Und dann nenne ich Bistino Rossi, den Barbier; der hat sein eigen Haus und nimmt von seinen Miethern einen hübschen Zins ein, und im Frühjahr, wenn er den Leuten zur Ader läßt, da wird für ihn all das schlechte Blut zu gutem Geld — — Eure Signoria muß sein Haus kennen, es ist das neben der Schenke. Auch der Deutsche erinnerte sich des Hauses: er hatte vorhin beim Vorübergehen das Bild betrachtet, welches, über der Thüre auf die Mauer gemalt, höchst anschaulich eine Hand vorstellte, die mit einer Lanzette groß wie ein Fleischermesser bewaffnet war, und einen aufgestreiften Arm, aus welchem das Blut im Bogen hervorsprang. — Aber was hilft alles Zureden bei dieser Eigensinnigen, die Euch zur Antwort giebt: der Agenore sei so groß, daß er allein Alles aufessen und die Frau hungern lassen würde, so sagt sie, und dann wieder im Hause Bistino's würde der Blutgeruch sie am Schlafe hindern, — und so hat sie allemal eine Ausrede; aber die Wahrheit ist, sie hat sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Männer seien nur in der Welt, um die Frauen zu quälen, — der fremde Signore wolle mich entschuldigen — aber das ist nun einmal ihre Meinung, und darum will sie lieber ein Mädchen bleiben

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:13:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:13:28Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910/26>, abgerufen am 27.11.2024.