Holz, Arno: Phantasus. 2. Heft. Berlin, 1899.Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, glänzen auf demselben Bücherspind, über George Ohnet, Stinde und Dante, Schiller und Goethe: beide beteiligt an ein und demselben Gypskranz! Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, hängt an derselben Wedgwoodtapete, über demselben Rokokoschirm, zwischen Klinger und Hokusai, Anton von Werner. Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, spielen dieselben schlanken Hände, auf demselben Ebenholzflügel, mit demselben Charm und Chic Frederic Francois Chopin und Ludolf Waldmann. Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, auf vergoldeten Stühlchen sitzend, trinkt man Chablis, Pilsner und Sect, kommt dann peu-a-peu auf Nietzsche, zuletzt wird getanzt. Ich küsse entzückt der Hausfrau die Hand, enttäusche einen älteren, glattrasirten Herrn mit baumwollnen Handschuhen und Wadenstrümpfen durch eine Mark Trinkgeld und verschwinde. Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, glänzen auf demselben Bücherspind, über George Ohnet, Stinde und Dante, Schiller und Goethe: beide beteiligt an ein und demselben Gypskranz! Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, hängt an derselben Wedgwoodtapete, über demselben Rokokoschirm, zwischen Klinger und Hokusai, Anton von Werner. Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, spielen dieselben schlanken Hände, auf demselben Ebenholzflügel, mit demselben Charm und Chic Frédéric François Chopin und Ludolf Waldmann. Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen, auf vergoldeten Stühlchen sitzend, trinkt man Chablis, Pilsner und Sect, kommt dann peu-à-peu auf Nietzsche, zuletzt wird getanzt. Ich küsse entzückt der Hausfrau die Hand, enttäusche einen älteren, glattrasirten Herrn mit baumwollnen Handschuhen und Wadenstrümpfen durch eine Mark Trinkgeld und verschwinde. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0036"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#c">Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,</l><lb/> <l rendition="#c">glänzen auf demselben Bücherspind,</l><lb/> <l rendition="#c">über George Ohnet, Stinde und Dante,</l><lb/> <l rendition="#c">Schiller und Goethe:</l><lb/> <l rendition="#c">beide beteiligt an ein und demselben Gypskranz!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l rendition="#c">Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,</l><lb/> <l rendition="#c">hängt an derselben Wedgwoodtapete, über demselben Rokokoschirm,</l><lb/> <l rendition="#c">zwischen Klinger und Hokusai,</l><lb/> <l rendition="#c">Anton von Werner.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l rendition="#c">Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,</l><lb/> <l rendition="#c">spielen dieselben schlanken Hände, auf demselben Ebenholzflügel,</l><lb/> <l rendition="#c">mit demselben Charm und Chic</l><lb/> <l rendition="#c">Frédéric François Chopin und Ludolf Waldmann.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#c">Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,</l><lb/> <l rendition="#c">auf vergoldeten Stühlchen sitzend,</l><lb/> <l rendition="#c">trinkt man Chablis, Pilsner und Sect,</l><lb/> <l rendition="#c">kommt dann peu-à-peu auf Nietzsche,</l><lb/> <l rendition="#c">zuletzt wird getanzt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#c">Ich küsse entzückt der Hausfrau die Hand,</l><lb/> <l rendition="#c">enttäusche einen älteren, glattrasirten Herrn</l><lb/> <l rendition="#c">mit baumwollnen Handschuhen und Wadenstrümpfen</l><lb/> <l rendition="#c">durch eine Mark Trinkgeld</l><lb/> <l rendition="#c">und verschwinde.</l> </lg><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [0036]
Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,
glänzen auf demselben Bücherspind,
über George Ohnet, Stinde und Dante,
Schiller und Goethe:
beide beteiligt an ein und demselben Gypskranz!
Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,
hängt an derselben Wedgwoodtapete, über demselben Rokokoschirm,
zwischen Klinger und Hokusai,
Anton von Werner.
Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,
spielen dieselben schlanken Hände, auf demselben Ebenholzflügel,
mit demselben Charm und Chic
Frédéric François Chopin und Ludolf Waldmann.
Im Hause, wo die bunten Ampeln brennen,
auf vergoldeten Stühlchen sitzend,
trinkt man Chablis, Pilsner und Sect,
kommt dann peu-à-peu auf Nietzsche,
zuletzt wird getanzt.
Ich küsse entzückt der Hausfrau die Hand,
enttäusche einen älteren, glattrasirten Herrn
mit baumwollnen Handschuhen und Wadenstrümpfen
durch eine Mark Trinkgeld
und verschwinde.
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Phantasus. 2. Heft. Berlin, 1899, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_phantasus02_1899/36>, abgerufen am 16.07.2024. |