Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898.Ueberm Bett, eingerahmt, hängt der Myrthenkranz. Vor Jahren stand am Fenster mal die Nähmaschine; ein Kanarienvogel sang. Jetzt ist das alles anders! Abends, wenn die rote Lampe brennt, kommen fremde Herren in das Stübchen; alte, junge, wies grad trifft. Du lieber Gott -- das Leben! Nur manchmal, wenn der Regen draussen auf die Dächer peitscht, nachts, kein Mensch ist mehr wach, sitzt das Weib und weint . . . Der tote Mann! Die armen Kinder! Ueberm Bett, eingerahmt, hängt der Myrthenkranz. Vor Jahren stand am Fenster mal die Nähmaschine; ein Kanarienvogel sang. Jetzt ist das alles anders! Abends, wenn die rote Lampe brennt, kommen fremde Herren in das Stübchen; alte, junge, wies grad trifft. Du lieber Gott — das Leben! Nur manchmal, wenn der Regen draussen auf die Dächer peitscht, nachts, kein Mensch ist mehr wach, sitzt das Weib und weint . . . Der tote Mann! Die armen Kinder! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0058"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#c">Ueberm Bett, eingerahmt, hängt der Myrthenkranz.</l><lb/> <l rendition="#c">Vor Jahren</l><lb/> <l rendition="#c">stand am Fenster mal die Nähmaschine;</l><lb/> <l rendition="#c">ein Kanarienvogel sang.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l rendition="#c">Jetzt</l><lb/> <l rendition="#c">ist das alles anders!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l rendition="#c">Abends,</l><lb/> <l rendition="#c">wenn die rote Lampe brennt,</l><lb/> <l rendition="#c">kommen fremde Herren in das Stübchen;</l><lb/> <l rendition="#c">alte, junge, wies grad trifft.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#c">Du lieber Gott — das Leben!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#c">Nur manchmal,</l><lb/> <l rendition="#c">wenn der Regen draussen auf die Dächer peitscht,</l><lb/> <l rendition="#c">nachts,</l><lb/> <l rendition="#c">kein Mensch ist mehr wach,</l><lb/> <l rendition="#c">sitzt das Weib und weint . . .</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l rendition="#c">Der tote Mann! Die armen Kinder!</l> </lg><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [0058]
Ueberm Bett, eingerahmt, hängt der Myrthenkranz.
Vor Jahren
stand am Fenster mal die Nähmaschine;
ein Kanarienvogel sang.
Jetzt
ist das alles anders!
Abends,
wenn die rote Lampe brennt,
kommen fremde Herren in das Stübchen;
alte, junge, wies grad trifft.
Du lieber Gott — das Leben!
Nur manchmal,
wenn der Regen draussen auf die Dächer peitscht,
nachts,
kein Mensch ist mehr wach,
sitzt das Weib und weint . . .
Der tote Mann! Die armen Kinder!
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_phantasus01_1898/58>, abgerufen am 24.07.2024. |