Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898.Nachts um meinen Tempelhain wachen siebzig Bronzekühe. Tausend bunte Steinlampen flimmern. Auf einem roten Thron aus Lack sitz ich im Allerheiligsten. Ueber mir, durch das Gebälk aus Sandelholz, im ausgestochnen Viereck, stehn die Sterne. Ich blinzle. Wenn ich jetzt aufstünde, zertrümmerten meine elfenbeinernen Schultern das Dach, und der eirunde Diamant vor meiner Stirn stiesse den Mond ein. Die dicken Priester dürfen ruhig schnarchen. Ich stehe nicht auf. Ich sitze mit untergeschlagenen Beinen und beschaue meinen Nabel. Der ist ein blutender Rubin in einem nackten Bauch aus Gold. Nachts um meinen Tempelhain wachen siebzig Bronzekühe. Tausend bunte Steinlampen flimmern. Auf einem roten Thron aus Lack sitz ich im Allerheiligsten. Ueber mir, durch das Gebälk aus Sandelholz, im ausgestochnen Viereck, stehn die Sterne. Ich blinzle. Wenn ich jetzt aufstünde, zertrümmerten meine elfenbeinernen Schultern das Dach, und der eirunde Diamant vor meiner Stirn stiesse den Mond ein. Die dicken Priester dürfen ruhig schnarchen. Ich stehe nicht auf. Ich sitze mit untergeschlagenen Beinen und beschaue meinen Nabel. Der ist ein blutender Rubin in einem nackten Bauch aus Gold. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0038"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#c">Nachts um meinen Tempelhain</l><lb/> <l rendition="#c">wachen siebzig Bronzekühe.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l rendition="#c">Tausend bunte Steinlampen flimmern.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l rendition="#c">Auf einem roten Thron aus Lack</l><lb/> <l rendition="#c">sitz ich im Allerheiligsten.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#c">Ueber mir,</l><lb/> <l rendition="#c">durch das Gebälk aus Sandelholz,</l><lb/> <l rendition="#c">im ausgestochnen Viereck,</l><lb/> <l rendition="#c">stehn die Sterne.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#c">Ich blinzle.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l rendition="#c">Wenn ich jetzt aufstünde,</l><lb/> <l rendition="#c">zertrümmerten meine elfenbeinernen Schultern das Dach,</l><lb/> <l rendition="#c">und der eirunde Diamant vor meiner Stirn</l><lb/> <l rendition="#c">stiesse den Mond ein.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l rendition="#c">Die dicken Priester dürfen ruhig schnarchen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l rendition="#c">Ich stehe nicht auf.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l rendition="#c">Ich sitze mit untergeschlagenen Beinen</l><lb/> <l rendition="#c">und beschaue meinen Nabel.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l rendition="#c">Der ist ein blutender Rubin</l><lb/> <l rendition="#c">in einem nackten Bauch aus Gold.</l> </lg><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [0038]
Nachts um meinen Tempelhain
wachen siebzig Bronzekühe.
Tausend bunte Steinlampen flimmern.
Auf einem roten Thron aus Lack
sitz ich im Allerheiligsten.
Ueber mir,
durch das Gebälk aus Sandelholz,
im ausgestochnen Viereck,
stehn die Sterne.
Ich blinzle.
Wenn ich jetzt aufstünde,
zertrümmerten meine elfenbeinernen Schultern das Dach,
und der eirunde Diamant vor meiner Stirn
stiesse den Mond ein.
Die dicken Priester dürfen ruhig schnarchen.
Ich stehe nicht auf.
Ich sitze mit untergeschlagenen Beinen
und beschaue meinen Nabel.
Der ist ein blutender Rubin
in einem nackten Bauch aus Gold.
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