Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898.See, See, sonnigste See, soweit du siehst! Ueber die rollenden Wasser hin, jauchzend, tausend Tritonen. Auf ihren Schultern, muschelempor, hoch, ein Weib. Ihre Nacktheit in die Sonne. Unter ihr, triefend, die blendenden Perlmutterwände immer wieder von Neuem hoch, dick, feist, verliebt, wie Kröten, sieben alte, glamsrige Meertaper. Die Gesichter! Das Gestöhn und das Gepruste! Da, plötzlich, wütend aus der Tiefe, Neptun. Sein Bart blitzt. "Hallunken!" Und, plitschplatsch, sein Dreizack den sieben Schlappschwänzen um die Glatzen. Die brüllen! Dann, schnell, hier noch ein paar Tatschen, dort noch ein Bauch -- weg sind sie. Die Schöne lächelt. Neptun verbeugt sich. "Madam?" See, See, sonnigste See, soweit du siehst! Ueber die rollenden Wasser hin, jauchzend, tausend Tritonen. Auf ihren Schultern, muschelempor, hoch, ein Weib. Ihre Nacktheit in die Sonne. Unter ihr, triefend, die blendenden Perlmutterwände immer wieder von Neuem hoch, dick, feist, verliebt, wie Kröten, sieben alte, glamsrige Meertaper. Die Gesichter! Das Gestöhn und das Gepruste! Da, plötzlich, wütend aus der Tiefe, Neptun. Sein Bart blitzt. „Hallunken!“ Und, plitschplatsch, sein Dreizack den sieben Schlappschwänzen um die Glatzen. Die brüllen! Dann, schnell, hier noch ein paar Tatschen, dort noch ein Bauch — weg sind sie. Die Schöne lächelt. Neptun verbeugt sich. „Madam?“ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0035"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#c">See, See, sonnigste See, soweit du siehst!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l rendition="#c">Ueber die rollenden Wasser hin, jauchzend, tausend Tritonen.</l><lb/> <l rendition="#c">Auf ihren Schultern,</l><lb/> <l rendition="#c">muschelempor,</l><lb/> <l rendition="#c">hoch,</l><lb/> <l rendition="#c">ein Weib.</l><lb/> <l rendition="#c">Ihre Nacktheit</l><lb/> <l rendition="#c">in die Sonne.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l rendition="#c">Unter ihr,</l><lb/> <l rendition="#c">triefend,</l><lb/> <l rendition="#c">die blendenden Perlmutterwände immer wieder von Neuem hoch,</l><lb/> <l rendition="#c">dick, feist, verliebt,</l><lb/> <l rendition="#c">wie Kröten,</l><lb/> <l rendition="#c">sieben alte, glamsrige Meertaper.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#c"><hi rendition="#g">Die</hi> Gesichter! <hi rendition="#g">Das</hi> Gestöhn und <hi rendition="#g">das</hi> Gepruste!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#c">Da,</l><lb/> <l rendition="#c">plötzlich,</l><lb/> <l rendition="#c">wütend aus der Tiefe,</l><lb/> <l rendition="#c">Neptun.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l rendition="#c">Sein Bart</l><lb/> <l rendition="#c">blitzt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l rendition="#c">„Hallunken!“</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l rendition="#c">Und, plitschplatsch, sein Dreizack den sieben Schlappschwänzen um die Glatzen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l rendition="#c">Die brüllen!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l rendition="#c">Dann, schnell,</l><lb/> <l rendition="#c">hier noch ein paar Tatschen, dort noch ein Bauch —</l><lb/> <l rendition="#c">weg sind sie.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l rendition="#c">Die Schöne</l><lb/> <l rendition="#c">lächelt.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l rendition="#c">Neptun</l><lb/> <l rendition="#c">verbeugt sich.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l rendition="#c">„Madam?“</l> </lg><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [0035]
See, See, sonnigste See, soweit du siehst!
Ueber die rollenden Wasser hin, jauchzend, tausend Tritonen.
Auf ihren Schultern,
muschelempor,
hoch,
ein Weib.
Ihre Nacktheit
in die Sonne.
Unter ihr,
triefend,
die blendenden Perlmutterwände immer wieder von Neuem hoch,
dick, feist, verliebt,
wie Kröten,
sieben alte, glamsrige Meertaper.
Die Gesichter! Das Gestöhn und das Gepruste!
Da,
plötzlich,
wütend aus der Tiefe,
Neptun.
Sein Bart
blitzt.
„Hallunken!“
Und, plitschplatsch, sein Dreizack den sieben Schlappschwänzen um die Glatzen.
Die brüllen!
Dann, schnell,
hier noch ein paar Tatschen, dort noch ein Bauch —
weg sind sie.
Die Schöne
lächelt.
Neptun
verbeugt sich.
„Madam?“
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