Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Ari-ben-Aribell, der grösste Seilkünstler
beider Welten, der drüben unter seinem Rath¬
hausdache auf diesen Moment nur gewartet
zu haben schien, war hinterlistig genug, grade
jetzt seinen grässlichen Hampelmannskopf aus
seiner Luke zu stecken.

Seine grosse, goldpapierne Mütze reichte
mit ihrer Spitze bis grade oben in's Zifferblatt.
Er hatte sich seine Backen mit Mehl ein¬
gerieben und seine Nase mit Zinnober bepinselt.
Um seinen Leib hatte er eine dicke Badehose
aus Sammet an, die ganz kohlschwarz und
mit kleinen, silbernen Flinkern bestickt war.

Nachdem er sich vor dem vor Erwartung
lautlosen Publico unten dreimal verbeugt und
zwischendurch seine lange, goldgelbe Balancir¬
stange eben so viele Male hoch in die Luft
über sich gewirbelt hatte, setzte er jetzt seinen
linken, zierlichen Schuh vorsichtig auf das
straffe, weisse Seil und war bereits bis auf die
Mitte desselben getänzelt, noch ehe die ver¬
blüfften Bauern unten Zeit gefunden hatten,
ihre Mäuler aufzusperren.

Kein "Knubbel" ahnte etwas!

Die Katastrophe draussen hatte sich voll¬

Ari-ben-Aribell, der grösste Seilkünstler
beider Welten, der drüben unter seinem Rath¬
hausdache auf diesen Moment nur gewartet
zu haben schien, war hinterlistig genug, grade
jetzt seinen grässlichen Hampelmannskopf aus
seiner Luke zu stecken.

Seine grosse, goldpapierne Mütze reichte
mit ihrer Spitze bis grade oben in's Zifferblatt.
Er hatte sich seine Backen mit Mehl ein¬
gerieben und seine Nase mit Zinnober bepinselt.
Um seinen Leib hatte er eine dicke Badehose
aus Sammet an, die ganz kohlschwarz und
mit kleinen, silbernen Flinkern bestickt war.

Nachdem er sich vor dem vor Erwartung
lautlosen Publico unten dreimal verbeugt und
zwischendurch seine lange, goldgelbe Balancir¬
stange eben so viele Male hoch in die Luft
über sich gewirbelt hatte, setzte er jetzt seinen
linken, zierlichen Schuh vorsichtig auf das
straffe, weisse Seil und war bereits bis auf die
Mitte desselben getänzelt, noch ehe die ver¬
blüfften Bauern unten Zeit gefunden hatten,
ihre Mäuler aufzusperren.

Kein „Knubbel“ ahnte etwas!

Die Katastrophe draussen hatte sich voll¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0113" n="109"/>
          <p>Ari-ben-Aribell, der grösste Seilkünstler<lb/>
beider Welten, der drüben unter seinem Rath¬<lb/>
hausdache auf diesen Moment nur gewartet<lb/>
zu haben schien, war hinterlistig genug, grade<lb/>
jetzt seinen grässlichen Hampelmannskopf aus<lb/>
seiner Luke zu stecken.</p><lb/>
          <p>Seine grosse, goldpapierne Mütze reichte<lb/>
mit ihrer Spitze bis grade oben in's Zifferblatt.<lb/>
Er hatte sich seine Backen mit Mehl ein¬<lb/>
gerieben und seine Nase mit Zinnober bepinselt.<lb/>
Um seinen Leib hatte er eine dicke Badehose<lb/>
aus Sammet an, die ganz kohlschwarz und<lb/>
mit kleinen, silbernen Flinkern bestickt war.</p><lb/>
          <p>Nachdem er sich vor dem vor Erwartung<lb/>
lautlosen Publico unten dreimal verbeugt und<lb/>
zwischendurch seine lange, goldgelbe Balancir¬<lb/>
stange eben so viele Male hoch in die Luft<lb/>
über sich gewirbelt hatte, setzte er jetzt seinen<lb/>
linken, zierlichen Schuh vorsichtig auf das<lb/>
straffe, weisse Seil und war bereits bis auf die<lb/>
Mitte desselben getänzelt, noch ehe die ver¬<lb/>
blüfften Bauern unten Zeit gefunden hatten,<lb/>
ihre Mäuler aufzusperren.</p><lb/>
          <p>Kein &#x201E;Knubbel&#x201C; ahnte etwas!</p><lb/>
          <p>Die Katastrophe draussen hatte sich voll¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0113] Ari-ben-Aribell, der grösste Seilkünstler beider Welten, der drüben unter seinem Rath¬ hausdache auf diesen Moment nur gewartet zu haben schien, war hinterlistig genug, grade jetzt seinen grässlichen Hampelmannskopf aus seiner Luke zu stecken. Seine grosse, goldpapierne Mütze reichte mit ihrer Spitze bis grade oben in's Zifferblatt. Er hatte sich seine Backen mit Mehl ein¬ gerieben und seine Nase mit Zinnober bepinselt. Um seinen Leib hatte er eine dicke Badehose aus Sammet an, die ganz kohlschwarz und mit kleinen, silbernen Flinkern bestickt war. Nachdem er sich vor dem vor Erwartung lautlosen Publico unten dreimal verbeugt und zwischendurch seine lange, goldgelbe Balancir¬ stange eben so viele Male hoch in die Luft über sich gewirbelt hatte, setzte er jetzt seinen linken, zierlichen Schuh vorsichtig auf das straffe, weisse Seil und war bereits bis auf die Mitte desselben getänzelt, noch ehe die ver¬ blüfften Bauern unten Zeit gefunden hatten, ihre Mäuler aufzusperren. Kein „Knubbel“ ahnte etwas! Die Katastrophe draussen hatte sich voll¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/113
Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/113>, abgerufen am 28.11.2024.