Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.In memoriam! Alte Burschenherrlichkeit, Weh, man hat dich längst begraben, Denn nur noch an Soll und Haben Denkt die Menschheit dieser Zeit! Ihre Räder wühlen Schaum, Funken sprühen ihre Essen; Ach, und längst hat sie vergessen Ihrer Jugend goldnen Traum! Ausgebrannt ist jede Brust, Die Altäre stehn verlassen, Horch, und draußen auf den Gassen Predigt die entmenschte Lust! Um das Haupt des Helicon Schwirren tausend irre Fragen Und den Zeitgeist hört man klagen An den Wassern von Babylon! In memoriam! Alte Burſchenherrlichkeit, Weh, man hat dich längſt begraben, Denn nur noch an Soll und Haben Denkt die Menſchheit dieſer Zeit! Ihre Räder wühlen Schaum, Funken ſprühen ihre Eſſen; Ach, und längſt hat ſie vergeſſen Ihrer Jugend goldnen Traum! Ausgebrannt iſt jede Bruſt, Die Altäre ſtehn verlaſſen, Horch, und draußen auf den Gaſſen Predigt die entmenſchte Luſt! Um das Haupt des Helicon Schwirren tauſend irre Fragen Und den Zeitgeiſt hört man klagen An den Waſſern von Babylon! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="354" facs="#f0376"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">In memoriam!</hi><lb/> </head> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">A</hi>lte Burſchenherrlichkeit,</l><lb/> <l>Weh, man hat dich längſt begraben,</l><lb/> <l>Denn nur noch an Soll und Haben</l><lb/> <l>Denkt die Menſchheit dieſer Zeit!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Ihre Räder wühlen Schaum,</l><lb/> <l>Funken ſprühen ihre Eſſen;</l><lb/> <l>Ach, und längſt hat ſie vergeſſen</l><lb/> <l>Ihrer Jugend goldnen Traum!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Ausgebrannt iſt jede Bruſt,</l><lb/> <l>Die Altäre ſtehn verlaſſen,</l><lb/> <l>Horch, und draußen auf den Gaſſen</l><lb/> <l>Predigt die entmenſchte Luſt!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Um das Haupt des Helicon</l><lb/> <l>Schwirren tauſend irre Fragen</l><lb/> <l>Und den Zeitgeiſt hört man klagen</l><lb/> <l>An den Waſſern von Babylon!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [354/0376]
In memoriam!
Alte Burſchenherrlichkeit,
Weh, man hat dich längſt begraben,
Denn nur noch an Soll und Haben
Denkt die Menſchheit dieſer Zeit!
Ihre Räder wühlen Schaum,
Funken ſprühen ihre Eſſen;
Ach, und längſt hat ſie vergeſſen
Ihrer Jugend goldnen Traum!
Ausgebrannt iſt jede Bruſt,
Die Altäre ſtehn verlaſſen,
Horch, und draußen auf den Gaſſen
Predigt die entmenſchte Luſt!
Um das Haupt des Helicon
Schwirren tauſend irre Fragen
Und den Zeitgeiſt hört man klagen
An den Waſſern von Babylon!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/376 |
Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/376>, abgerufen am 03.03.2025. |