Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Eins gegen Hundert!
Ich wette, auch du, Freund, denkst nun bereits
Materiell wie alle Poeten:
"Süß, o süß schmeckt der erste Kuß,
Aber noch süßer, weit, weit süßer
Schmeckt das erste, heißersehnte
Goldig klimpernde Honorar!"
Hoffentlich Mensch, "Krone der Schöpfung",
Hat dir dein Gönner Ben Machol
Noch nichts drauf gepumpt?
Wäre doch schad um sein koscheres Geld!
Oder hast du schon
-- So unter der Hand --
Nach einer Villa dich umgesehn?
Im Winter Berlin, im Frühjahr Florenz,
Im Herbst Paris, und im Sommer Ostende!
Famoses Leben das!
Pyramidal!! Fasanenhaft!!!
Und Lorbeeren?
Ganze Viehwagen voll!
Nicht wahr, mon cher, ich hab es errathen?
Nicht? Na, denn nicht!
Nur nicht die Miene gekränkter Unschuld!
Bist doch kein Mädel, das nur geküßt sein will
Und sagt nicht ein altes Volkslied schon:
Ein braver Kerl und ein braver Knuff,
Die passen halt immer zusammen?
Eins gegen Hundert!
Ich wette, auch du, Freund, denkſt nun bereits
Materiell wie alle Poeten:
„Süß, o ſüß ſchmeckt der erſte Kuß,
Aber noch ſüßer, weit, weit ſüßer
Schmeckt das erſte, heißerſehnte
Goldig klimpernde Honorar!“
Hoffentlich Menſch, „Krone der Schöpfung“,
Hat dir dein Gönner Ben Machol
Noch nichts drauf gepumpt?
Wäre doch ſchad um ſein koſcheres Geld!
Oder haſt du ſchon
— So unter der Hand —
Nach einer Villa dich umgeſehn?
Im Winter Berlin, im Frühjahr Florenz,
Im Herbſt Paris, und im Sommer Oſtende!
Famoſes Leben das!
Pyramidal!! Faſanenhaft!!!
Und Lorbeeren?
Ganze Viehwagen voll!
Nicht wahr, mon cher, ich hab es errathen?
Nicht? Na, denn nicht!
Nur nicht die Miene gekränkter Unſchuld!
Biſt doch kein Mädel, das nur geküßt ſein will
Und ſagt nicht ein altes Volkslied ſchon:
Ein braver Kerl und ein braver Knuff,
Die paſſen halt immer zuſammen?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0320" n="298"/>
          <lg n="80">
            <l>Eins gegen Hundert!</l><lb/>
            <l>Ich wette, auch du, Freund, denk&#x017F;t nun bereits</l><lb/>
            <l>Materiell wie alle Poeten:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Süß, o &#x017F;üß &#x017F;chmeckt der er&#x017F;te Kuß,</l><lb/>
            <l>Aber noch &#x017F;üßer, weit, weit &#x017F;üßer</l><lb/>
            <l>Schmeckt das er&#x017F;te, heißer&#x017F;ehnte</l><lb/>
            <l>Goldig klimpernde Honorar!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Hoffentlich Men&#x017F;ch, &#x201E;Krone der Schöpfung&#x201C;,</l><lb/>
            <l>Hat dir dein Gönner Ben Machol</l><lb/>
            <l>Noch nichts drauf gepumpt?</l><lb/>
            <l>Wäre doch &#x017F;chad um &#x017F;ein ko&#x017F;cheres Geld!</l><lb/>
            <l>Oder ha&#x017F;t du &#x017F;chon</l><lb/>
            <l>&#x2014; So unter der Hand &#x2014;</l><lb/>
            <l>Nach einer Villa dich umge&#x017F;ehn?</l><lb/>
            <l>Im Winter Berlin, im Frühjahr Florenz,</l><lb/>
            <l>Im Herb&#x017F;t Paris, und im Sommer O&#x017F;tende!</l><lb/>
            <l>Famo&#x017F;es Leben das!</l><lb/>
            <l>Pyramidal!! Fa&#x017F;anenhaft!!!</l><lb/>
            <l>Und Lorbeeren?</l><lb/>
            <l>Ganze Viehwagen voll!</l><lb/>
            <l>Nicht wahr, <hi rendition="#aq">mon cher</hi>, ich hab es errathen?</l><lb/>
            <l>Nicht? Na, denn nicht!</l><lb/>
            <l>Nur nicht die Miene gekränkter Un&#x017F;chuld!</l><lb/>
            <l>Bi&#x017F;t doch kein Mädel, das nur geküßt &#x017F;ein will</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;agt nicht ein altes Volkslied &#x017F;chon:</l><lb/>
            <l>Ein braver Kerl und ein braver Knuff,</l><lb/>
            <l>Die pa&#x017F;&#x017F;en halt immer zu&#x017F;ammen?</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0320] Eins gegen Hundert! Ich wette, auch du, Freund, denkſt nun bereits Materiell wie alle Poeten: „Süß, o ſüß ſchmeckt der erſte Kuß, Aber noch ſüßer, weit, weit ſüßer Schmeckt das erſte, heißerſehnte Goldig klimpernde Honorar!“ Hoffentlich Menſch, „Krone der Schöpfung“, Hat dir dein Gönner Ben Machol Noch nichts drauf gepumpt? Wäre doch ſchad um ſein koſcheres Geld! Oder haſt du ſchon — So unter der Hand — Nach einer Villa dich umgeſehn? Im Winter Berlin, im Frühjahr Florenz, Im Herbſt Paris, und im Sommer Oſtende! Famoſes Leben das! Pyramidal!! Faſanenhaft!!! Und Lorbeeren? Ganze Viehwagen voll! Nicht wahr, mon cher, ich hab es errathen? Nicht? Na, denn nicht! Nur nicht die Miene gekränkter Unſchuld! Biſt doch kein Mädel, das nur geküßt ſein will Und ſagt nicht ein altes Volkslied ſchon: Ein braver Kerl und ein braver Knuff, Die paſſen halt immer zuſammen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/320
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/320>, abgerufen am 24.11.2024.