Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Und glaubst, wie ein Kindlein,
Die Ritzen des Weltbaus
Mit Versleim verstopfen zu können?
Gibst du dich wirklich dem Köhlerwahn hin
Und bildest dir ein,
Dein schädelgeborener Mikrokosmos
Würde den fadenscheinigen Groschenseelen
Deiner lieben, unsterblichen Mitwürmer
Auch nur einen Pfifferling werth sein?
Ich aber sage dir:
Und wenn Camoens, der Portugiese,
Noch einmal lebte
Und noch einmal seine Lusiaden sänge,
Die Welt stieß ihn noch einmal kalt ins Spital
Und noch einmal müßte der "Stern von Lisboa"
Auf faulem Stroh elend verrecken,
Angespieen wie ein toller Hund!!
Glaube mir, Freund,
Die Menschheit,
Diese concentrirte Bestie,
Die mit der Zeit,
Gelehriger noch als ihr äffischer Urahn,
Der erste Pavian,
Scepter und Kronen apportiren gelernt,
Und glaubſt, wie ein Kindlein,
Die Ritzen des Weltbaus
Mit Versleim verſtopfen zu können?
Gibſt du dich wirklich dem Köhlerwahn hin
Und bildeſt dir ein,
Dein ſchädelgeborener Mikrokosmos
Würde den fadenſcheinigen Groſchenſeelen
Deiner lieben, unſterblichen Mitwürmer
Auch nur einen Pfifferling werth ſein?
Ich aber ſage dir:
Und wenn Camoens, der Portugieſe,
Noch einmal lebte
Und noch einmal ſeine Luſiaden ſänge,
Die Welt ſtieß ihn noch einmal kalt ins Spital
Und noch einmal müßte der „Stern von Lisboa“
Auf faulem Stroh elend verrecken,
Angeſpieen wie ein toller Hund!!
Glaube mir, Freund,
Die Menſchheit,
Dieſe concentrirte Beſtie,
Die mit der Zeit,
Gelehriger noch als ihr äffiſcher Urahn,
Der erſte Pavian,
Scepter und Kronen apportiren gelernt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0313" n="291"/>
          <lg n="65">
            <l>Und glaub&#x017F;t, wie ein Kindlein,</l><lb/>
            <l>Die Ritzen des Weltbaus</l><lb/>
            <l>Mit Versleim ver&#x017F;topfen zu können?</l><lb/>
            <l>Gib&#x017F;t du dich wirklich dem Köhlerwahn hin</l><lb/>
            <l>Und bilde&#x017F;t dir ein,</l><lb/>
            <l>Dein &#x017F;chädelgeborener Mikrokosmos</l><lb/>
            <l>Würde den faden&#x017F;cheinigen Gro&#x017F;chen&#x017F;eelen</l><lb/>
            <l>Deiner lieben, un&#x017F;terblichen Mitwürmer</l><lb/>
            <l>Auch nur einen Pfifferling werth &#x017F;ein?</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="66">
            <l>Ich aber &#x017F;age dir:</l><lb/>
            <l>Und wenn Camoens, der Portugie&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Noch einmal lebte</l><lb/>
            <l>Und noch einmal &#x017F;eine Lu&#x017F;iaden &#x017F;änge,</l><lb/>
            <l>Die Welt &#x017F;tieß ihn noch einmal kalt ins Spital</l><lb/>
            <l>Und noch einmal müßte der &#x201E;Stern von Lisboa&#x201C;</l><lb/>
            <l>Auf faulem Stroh elend verrecken,</l><lb/>
            <l>Ange&#x017F;pieen wie ein toller Hund!!</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="67">
            <l>Glaube mir, Freund,</l><lb/>
            <l>Die Men&#x017F;chheit,</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e concentrirte Be&#x017F;tie,</l><lb/>
            <l>Die mit der Zeit,</l><lb/>
            <l>Gelehriger noch als ihr äffi&#x017F;cher Urahn,</l><lb/>
            <l>Der er&#x017F;te Pavian,</l><lb/>
            <l>Scepter und Kronen apportiren gelernt,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0313] Und glaubſt, wie ein Kindlein, Die Ritzen des Weltbaus Mit Versleim verſtopfen zu können? Gibſt du dich wirklich dem Köhlerwahn hin Und bildeſt dir ein, Dein ſchädelgeborener Mikrokosmos Würde den fadenſcheinigen Groſchenſeelen Deiner lieben, unſterblichen Mitwürmer Auch nur einen Pfifferling werth ſein? Ich aber ſage dir: Und wenn Camoens, der Portugieſe, Noch einmal lebte Und noch einmal ſeine Luſiaden ſänge, Die Welt ſtieß ihn noch einmal kalt ins Spital Und noch einmal müßte der „Stern von Lisboa“ Auf faulem Stroh elend verrecken, Angeſpieen wie ein toller Hund!! Glaube mir, Freund, Die Menſchheit, Dieſe concentrirte Beſtie, Die mit der Zeit, Gelehriger noch als ihr äffiſcher Urahn, Der erſte Pavian, Scepter und Kronen apportiren gelernt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/313
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/313>, abgerufen am 24.11.2024.