Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Seht, das ist eure Quintessenz, Ihr fliedersüßen Lenzrhapsoden: Ihr macht mit Hymnen und mit Oden Den Nachtigallen Concurrenz! Ihr glaubt verblendet, Poesie Sei Lenznacht nur und Blüthenschimmer, Ihr glaubt's verblendet und singt immer Ein und dieselbe Melodie! Ihr dichtet jeden dritten Tag Ein hohes Lied auf eure Liebe, Reimt selbstverständlich darauf "Triebe" Und gebt's dann schleunigst in Verlag. Zwar, seid ihr noch kein "großes Thier", Müßt ihr auf alle Fälle "zahlen", Doch dann wird's auch mit Initialen Gedruckt auf fein Velinpapier. Und wird's dann gratis noch versandt
An so und so viel Kritikaster, Dann lobt man euern schlechten Knaster Und schimpft den Kieselstein Demant. Seht, das iſt eure Quinteſſenz, Ihr fliederſüßen Lenzrhapſoden: Ihr macht mit Hymnen und mit Oden Den Nachtigallen Concurrenz! Ihr glaubt verblendet, Poeſie Sei Lenznacht nur und Blüthenſchimmer, Ihr glaubt's verblendet und ſingt immer Ein und dieſelbe Melodie! Ihr dichtet jeden dritten Tag Ein hohes Lied auf eure Liebe, Reimt ſelbſtverſtändlich darauf „Triebe“ Und gebt's dann ſchleunigſt in Verlag. Zwar, ſeid ihr noch kein „großes Thier“, Müßt ihr auf alle Fälle „zahlen“, Doch dann wird's auch mit Initialen Gedruckt auf fein Velinpapier. Und wird's dann gratis noch verſandt
An ſo und ſo viel Kritikaſter, Dann lobt man euern ſchlechten Knaſter Und ſchimpft den Kieſelſtein Demant. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0028" n="6"/> <lg n="4"> <l>Seht, das iſt eure Quinteſſenz,</l><lb/> <l>Ihr fliederſüßen Lenzrhapſoden:</l><lb/> <l>Ihr macht mit Hymnen und mit Oden</l><lb/> <l>Den Nachtigallen Concurrenz!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Ihr glaubt verblendet, Poeſie</l><lb/> <l>Sei Lenznacht nur und Blüthenſchimmer,</l><lb/> <l>Ihr glaubt's verblendet und ſingt immer</l><lb/> <l>Ein und dieſelbe Melodie!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Ihr dichtet jeden dritten Tag</l><lb/> <l>Ein hohes Lied auf eure Liebe,</l><lb/> <l>Reimt ſelbſtverſtändlich darauf „Triebe“</l><lb/> <l>Und gebt's dann ſchleunigſt in Verlag.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Zwar, ſeid ihr noch kein „großes Thier“,</l><lb/> <l>Müßt ihr auf alle Fälle „zahlen“,</l><lb/> <l>Doch dann wird's auch mit Initialen</l><lb/> <l>Gedruckt auf fein Velinpapier.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Und wird's dann gratis noch verſandt</l><lb/> <l>An ſo und ſo viel Kritikaſter,</l><lb/> <l>Dann lobt man euern ſchlechten Knaſter</l><lb/> <l>Und ſchimpft den Kieſelſtein Demant.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [6/0028]
Seht, das iſt eure Quinteſſenz,
Ihr fliederſüßen Lenzrhapſoden:
Ihr macht mit Hymnen und mit Oden
Den Nachtigallen Concurrenz!
Ihr glaubt verblendet, Poeſie
Sei Lenznacht nur und Blüthenſchimmer,
Ihr glaubt's verblendet und ſingt immer
Ein und dieſelbe Melodie!
Ihr dichtet jeden dritten Tag
Ein hohes Lied auf eure Liebe,
Reimt ſelbſtverſtändlich darauf „Triebe“
Und gebt's dann ſchleunigſt in Verlag.
Zwar, ſeid ihr noch kein „großes Thier“,
Müßt ihr auf alle Fälle „zahlen“,
Doch dann wird's auch mit Initialen
Gedruckt auf fein Velinpapier.
Und wird's dann gratis noch verſandt
An ſo und ſo viel Kritikaſter,
Dann lobt man euern ſchlechten Knaſter
Und ſchimpft den Kieſelſtein Demant.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |