Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
10.
Schweigt, ihr Gedanken, und tönt, ihr Gefühle,
Die ihr so oft schon im Erdengewühle
Mir dieses Herz mit sich selber versöhnt!
Schwingt euch gen Himmel auf goldnem Gefieder,
Wandelt euch klingend in tröstende Lieder,
Daß ich vergesse, warum ihr ertönt!
O, sagt es niemand, daß längst eurem Dichter
Alle die sonnendurchfunkelten Lichter,
Die euch umflimmern, erloschen sind!
Tänzelt und gaukelt wie Falter um Rosen,
Laßt euch von schmeichelnden Lüften umkosen,
Selber so flüchtig wie Wetter und Wind!
Braucht doch die Welt nicht schon heute zu wissen,
Daß sie erst gestern das Herz dir zerrissen,
Weil es zu rein und zu heilig erglüht!
Opfre dein Herzblut, o laß, laß es fluthen,
Siehe, schon strömen die feurigen Gluthen,
Freier und reiner nun wird dein Gemüth!
10.
Schweigt, ihr Gedanken, und tönt, ihr Gefühle,
Die ihr ſo oft ſchon im Erdengewühle
Mir dieſes Herz mit ſich ſelber verſöhnt!
Schwingt euch gen Himmel auf goldnem Gefieder,
Wandelt euch klingend in tröſtende Lieder,
Daß ich vergeſſe, warum ihr ertönt!
O, ſagt es niemand, daß längſt eurem Dichter
Alle die ſonnendurchfunkelten Lichter,
Die euch umflimmern, erloſchen ſind!
Tänzelt und gaukelt wie Falter um Roſen,
Laßt euch von ſchmeichelnden Lüften umkoſen,
Selber ſo flüchtig wie Wetter und Wind!
Braucht doch die Welt nicht ſchon heute zu wiſſen,
Daß ſie erſt geſtern das Herz dir zerriſſen,
Weil es zu rein und zu heilig erglüht!
Opfre dein Herzblut, o laß, laß es fluthen,
Siehe, ſchon ſtrömen die feurigen Gluthen,
Freier und reiner nun wird dein Gemüth!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0225" n="203"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>10.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>chweigt, ihr Gedanken, und tönt, ihr Gefühle,</l><lb/>
              <l>Die ihr &#x017F;o oft &#x017F;chon im Erdengewühle</l><lb/>
              <l>Mir die&#x017F;es Herz mit &#x017F;ich &#x017F;elber ver&#x017F;öhnt!</l><lb/>
              <l>Schwingt euch gen Himmel auf goldnem Gefieder,</l><lb/>
              <l>Wandelt euch klingend in trö&#x017F;tende Lieder,</l><lb/>
              <l>Daß ich verge&#x017F;&#x017F;e, <hi rendition="#g">warum</hi> ihr ertönt!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>O, &#x017F;agt es niemand, daß läng&#x017F;t eurem Dichter</l><lb/>
              <l>Alle die &#x017F;onnendurchfunkelten Lichter,</l><lb/>
              <l>Die euch umflimmern, erlo&#x017F;chen &#x017F;ind!</l><lb/>
              <l>Tänzelt und gaukelt wie Falter um Ro&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Laßt euch von &#x017F;chmeichelnden Lüften umko&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Selber &#x017F;o flüchtig wie Wetter und Wind!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Braucht doch die Welt nicht &#x017F;chon heute zu wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie er&#x017F;t ge&#x017F;tern das Herz dir zerri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Weil es zu rein und zu heilig erglüht!</l><lb/>
              <l>Opfre dein Herzblut, o laß, laß es fluthen,</l><lb/>
              <l>Siehe, &#x017F;chon &#x017F;trömen die feurigen Gluthen,</l><lb/>
              <l>Freier und reiner nun wird dein Gemüth!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0225] 10. Schweigt, ihr Gedanken, und tönt, ihr Gefühle, Die ihr ſo oft ſchon im Erdengewühle Mir dieſes Herz mit ſich ſelber verſöhnt! Schwingt euch gen Himmel auf goldnem Gefieder, Wandelt euch klingend in tröſtende Lieder, Daß ich vergeſſe, warum ihr ertönt! O, ſagt es niemand, daß längſt eurem Dichter Alle die ſonnendurchfunkelten Lichter, Die euch umflimmern, erloſchen ſind! Tänzelt und gaukelt wie Falter um Roſen, Laßt euch von ſchmeichelnden Lüften umkoſen, Selber ſo flüchtig wie Wetter und Wind! Braucht doch die Welt nicht ſchon heute zu wiſſen, Daß ſie erſt geſtern das Herz dir zerriſſen, Weil es zu rein und zu heilig erglüht! Opfre dein Herzblut, o laß, laß es fluthen, Siehe, ſchon ſtrömen die feurigen Gluthen, Freier und reiner nun wird dein Gemüth!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/225
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/225>, abgerufen am 22.11.2024.