Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Des Reiches Herrlichkeit verhandelt!
Und wann, wann wird sie auferstehn?
O Zeit, wie hast du dich verwandelt!
O Herz, nun darfst du sterben gehn!
Wie Kaiser Rothbart möcht ich nun
Tief, tief im Schooß der Erde ruhn!
Und wie ich also saß und sann,
Da that sich auf des Berges Thor
Und schimmernd trat ein Rittersmann
In goldner Rüstung draus hervor.
Er war von königlicher Art,
Wie Silber wallten seine Locken,
Doch roth wie Feuer war sein Bart --
Und nieder kniet ich froh erschrocken;
Ein Zauber war's, der mich nun bannte,
Denn Rothbart war's, den ich erkannte.
"Hab Dank," so hub er an zu sprechen,
"Für deine Treue, Ehrenhold;
Ich weiß, es will das Herz dir brechen,
Weil es mit seinem Volke grollt.
Doch sei getrost; denn meine Krone,
Nicht spurlos soll sie untergehn;
Einst wird auf neuerstandnem Throne
Ein neuer Herrscher auferstehn,"
Des Reiches Herrlichkeit verhandelt!
Und wann, wann wird ſie auferſtehn?
O Zeit, wie haſt du dich verwandelt!
O Herz, nun darfſt du ſterben gehn!
Wie Kaiſer Rothbart möcht ich nun
Tief, tief im Schooß der Erde ruhn!
Und wie ich alſo ſaß und ſann,
Da that ſich auf des Berges Thor
Und ſchimmernd trat ein Rittersmann
In goldner Rüſtung draus hervor.
Er war von königlicher Art,
Wie Silber wallten ſeine Locken,
Doch roth wie Feuer war ſein Bart —
Und nieder kniet ich froh erſchrocken;
Ein Zauber war's, der mich nun bannte,
Denn Rothbart war's, den ich erkannte.
„Hab Dank,“ ſo hub er an zu ſprechen,
„Für deine Treue, Ehrenhold;
Ich weiß, es will das Herz dir brechen,
Weil es mit ſeinem Volke grollt.
Doch ſei getroſt; denn meine Krone,
Nicht ſpurlos ſoll ſie untergehn;
Einſt wird auf neuerſtandnem Throne
Ein neuer Herrſcher auferſtehn,“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0161" n="139"/>
          <lg n="28">
            <l>Des Reiches Herrlichkeit verhandelt!</l><lb/>
            <l>Und wann, wann wird &#x017F;ie aufer&#x017F;tehn?</l><lb/>
            <l>O Zeit, wie ha&#x017F;t du dich verwandelt!</l><lb/>
            <l>O Herz, nun darf&#x017F;t du &#x017F;terben gehn!</l><lb/>
            <l>Wie Kai&#x017F;er Rothbart möcht ich nun</l><lb/>
            <l>Tief, tief im Schooß der Erde ruhn!</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="29">
            <l>Und wie ich al&#x017F;o &#x017F;aß und &#x017F;ann,</l><lb/>
            <l>Da that &#x017F;ich auf des Berges Thor</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chimmernd trat ein Rittersmann</l><lb/>
            <l>In goldner Rü&#x017F;tung draus hervor.</l><lb/>
            <l>Er war von königlicher Art,</l><lb/>
            <l>Wie Silber wallten &#x017F;eine Locken,</l><lb/>
            <l>Doch roth wie Feuer war &#x017F;ein Bart &#x2014;</l><lb/>
            <l>Und nieder kniet ich froh er&#x017F;chrocken;</l><lb/>
            <l>Ein Zauber war's, der mich nun bannte,</l><lb/>
            <l>Denn Rothbart war's, den ich erkannte.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="30">
            <l>&#x201E;Hab Dank,&#x201C; &#x017F;o hub er an zu &#x017F;prechen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Für deine Treue, Ehrenhold;</l><lb/>
            <l>Ich weiß, es will das Herz dir brechen,</l><lb/>
            <l>Weil es mit &#x017F;einem Volke grollt.</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;ei getro&#x017F;t; denn meine Krone,</l><lb/>
            <l>Nicht &#x017F;purlos &#x017F;oll &#x017F;ie untergehn;</l><lb/>
            <l>Ein&#x017F;t wird auf neuer&#x017F;tandnem Throne</l><lb/>
            <l>Ein neuer Herr&#x017F;cher aufer&#x017F;tehn,&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0161] Des Reiches Herrlichkeit verhandelt! Und wann, wann wird ſie auferſtehn? O Zeit, wie haſt du dich verwandelt! O Herz, nun darfſt du ſterben gehn! Wie Kaiſer Rothbart möcht ich nun Tief, tief im Schooß der Erde ruhn! Und wie ich alſo ſaß und ſann, Da that ſich auf des Berges Thor Und ſchimmernd trat ein Rittersmann In goldner Rüſtung draus hervor. Er war von königlicher Art, Wie Silber wallten ſeine Locken, Doch roth wie Feuer war ſein Bart — Und nieder kniet ich froh erſchrocken; Ein Zauber war's, der mich nun bannte, Denn Rothbart war's, den ich erkannte. „Hab Dank,“ ſo hub er an zu ſprechen, „Für deine Treue, Ehrenhold; Ich weiß, es will das Herz dir brechen, Weil es mit ſeinem Volke grollt. Doch ſei getroſt; denn meine Krone, Nicht ſpurlos ſoll ſie untergehn; Einſt wird auf neuerſtandnem Throne Ein neuer Herrſcher auferſtehn,“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/161
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/161>, abgerufen am 22.11.2024.