Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.2. Und wieder hieb, Taub für den Wahnwunsch, Den tausendfältigen Ihres Geschlechts, Unbarmherzig Mit eherner Schneide Die Zeit in ihr Kerbholz: Wieder ein Tag! Und wieder nun wandelt, Fröhlich wie immer, Singend der Abend Durch das Goldthor des Westens Den hängenden Gärten Der sinkenden Sonne zu Und leis verhauchen, Vor Wehmuth zitternd, Ihr tönendes Leben Ins Spätroth die Glocken, Die Trauerglocken Zu Lübeck, der Stadt. Und immer stiller
Wird es und stiller -- Und immer dunkler! 2. Und wieder hieb, Taub für den Wahnwunſch, Den tauſendfältigen Ihres Geſchlechts, Unbarmherzig Mit eherner Schneide Die Zeit in ihr Kerbholz: Wieder ein Tag! Und wieder nun wandelt, Fröhlich wie immer, Singend der Abend Durch das Goldthor des Weſtens Den hängenden Gärten Der ſinkenden Sonne zu Und leis verhauchen, Vor Wehmuth zitternd, Ihr tönendes Leben Ins Spätroth die Glocken, Die Trauerglocken Zu Lübeck, der Stadt. Und immer ſtiller
Wird es und ſtiller — Und immer dunkler! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0131" n="109"/> </div> <div n="2"> <head>2.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">U</hi>nd wieder hieb,</l><lb/> <l>Taub für den Wahnwunſch,</l><lb/> <l>Den tauſendfältigen</l><lb/> <l>Ihres Geſchlechts,</l><lb/> <l>Unbarmherzig</l><lb/> <l>Mit eherner Schneide</l><lb/> <l>Die Zeit in ihr Kerbholz:</l><lb/> <l>Wieder ein Tag!</l><lb/> <l>Und wieder nun wandelt,</l><lb/> <l>Fröhlich wie immer,</l><lb/> <l>Singend der Abend</l><lb/> <l>Durch das Goldthor des Weſtens</l><lb/> <l>Den hängenden Gärten</l><lb/> <l>Der ſinkenden Sonne zu</l><lb/> <l>Und leis verhauchen,</l><lb/> <l>Vor Wehmuth zitternd,</l><lb/> <l>Ihr tönendes Leben</l><lb/> <l>Ins Spätroth die Glocken,</l><lb/> <l>Die Trauerglocken</l><lb/> <l>Zu Lübeck, der Stadt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und immer ſtiller</l><lb/> <l>Wird es und ſtiller —</l><lb/> <l>Und immer dunkler!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0131]
2.
Und wieder hieb,
Taub für den Wahnwunſch,
Den tauſendfältigen
Ihres Geſchlechts,
Unbarmherzig
Mit eherner Schneide
Die Zeit in ihr Kerbholz:
Wieder ein Tag!
Und wieder nun wandelt,
Fröhlich wie immer,
Singend der Abend
Durch das Goldthor des Weſtens
Den hängenden Gärten
Der ſinkenden Sonne zu
Und leis verhauchen,
Vor Wehmuth zitternd,
Ihr tönendes Leben
Ins Spätroth die Glocken,
Die Trauerglocken
Zu Lübeck, der Stadt.
Und immer ſtiller
Wird es und ſtiller —
Und immer dunkler!
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