Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.welchem aber sogar der eigene Hund seinen Gebieter welchem aber ſogar der eigene Hund ſeinen Gebieter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="77"/> welchem aber ſogar der eigene Hund ſeinen Gebieter<lb/> nicht wieder erkennt, es vielmehr anbellt wie den<lb/> Mann im Monde, wohnen in ſchoͤnen moͤblirten Zim-<lb/> mern, haben Atteliers, ſeidene Schlafroͤcke, geben vor,<lb/> Hiſtorienmaler zu ſein, laſſen ſich mitunter Profeſſo-<lb/> ren ſchimpfen, haben Schuͤler und heißen Akademiker.<lb/> Mir ſind dieſe Charlatanerieen zuwider. — Jch halte,<lb/> — da nun einmal die großen Meiſter Todes verbli-<lb/> chen, um nicht wieder aufzuſtehen, — keinen von<lb/> uns Lebendigen fuͤr wuͤrdig, Bilder zu malen mit der<lb/> Anmaßung auf lange Dauer; halte kein Geſicht, wie<lb/> ſie jetzt herumlaufen, fuͤr wuͤrdig, mit dem Anſpruch<lb/> auf Verewigung kontrefeit zu werden, bin vielmehr<lb/> der Meinung, unſere miſerable Gegenwart ſolle ſich<lb/> mit der Gegenwart begnuͤgen, dem Augenblick ſein<lb/> Recht thun und damit Baſta! Deshalb mal’ ich in<lb/> Waſſerfarben, friſch, bunt, keck, aber raſch, in fuͤnf-<lb/> undvierzig Minuten; dabei treff’ ich wie aus dem<lb/> Spiegel geſtohlen. Wenn ein jugendliches Antlitz,<lb/> wie das Jhrige, ſich auf meinem Bildchen erblickt,<lb/> freut es ſich uͤber ſich ſelbſt, verſchenkt ſich mit Luſt<lb/> und hat den Troſt, nach einigen Jahren, wo dem<lb/> Original die Jugend und Schoͤnheit zu entweichen<lb/> beginnt, keine niederſchlagenden Vergleiche mehr zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0081]
welchem aber ſogar der eigene Hund ſeinen Gebieter
nicht wieder erkennt, es vielmehr anbellt wie den
Mann im Monde, wohnen in ſchoͤnen moͤblirten Zim-
mern, haben Atteliers, ſeidene Schlafroͤcke, geben vor,
Hiſtorienmaler zu ſein, laſſen ſich mitunter Profeſſo-
ren ſchimpfen, haben Schuͤler und heißen Akademiker.
Mir ſind dieſe Charlatanerieen zuwider. — Jch halte,
— da nun einmal die großen Meiſter Todes verbli-
chen, um nicht wieder aufzuſtehen, — keinen von
uns Lebendigen fuͤr wuͤrdig, Bilder zu malen mit der
Anmaßung auf lange Dauer; halte kein Geſicht, wie
ſie jetzt herumlaufen, fuͤr wuͤrdig, mit dem Anſpruch
auf Verewigung kontrefeit zu werden, bin vielmehr
der Meinung, unſere miſerable Gegenwart ſolle ſich
mit der Gegenwart begnuͤgen, dem Augenblick ſein
Recht thun und damit Baſta! Deshalb mal’ ich in
Waſſerfarben, friſch, bunt, keck, aber raſch, in fuͤnf-
undvierzig Minuten; dabei treff’ ich wie aus dem
Spiegel geſtohlen. Wenn ein jugendliches Antlitz,
wie das Jhrige, ſich auf meinem Bildchen erblickt,
freut es ſich uͤber ſich ſelbſt, verſchenkt ſich mit Luſt
und hat den Troſt, nach einigen Jahren, wo dem
Original die Jugend und Schoͤnheit zu entweichen
beginnt, keine niederſchlagenden Vergleiche mehr zu
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