der Kunst, deren Priester mit wonnereicher Zuversicht erlabend; so drang er auch zu uns und von ihm ermuthiget, sendet mein Gatte, der, angegriffen von den erschütternden Morgenstudien, einer nothwendi- gen Schlummerstunde sich hingiebt, mich, die liebende Gattin, mit diesem Programme zu Jhnen, um Sie einzuladen, daß Sie ihm heute Abend Jhrer Gegen- wart Ehre gönnen mögen. Obwohl partheiisch für ihn, -- und wehe der Gattin, die es nicht wäre für den Gefährten ihres Lebens, -- darf ich doch, ohne Partheilichkeit, behaupten, daß er das Ueberschwäng- liche leistet als deutscher Kunstredner, als Veredler heiligster Gefühle, als Verbreiter poetischer Schönhei- ten. Leider noch sind die Behörden, deren Sorgfalt öffentliche Geschmacksbildung anvertraut wurde, tief im Dunkeln über die Verdienste meines Gatten; lei- der noch muß er als Begünstigung von einzelnen Schulvorstehern erbitten, daß sie ihm erlauben, die junge Welt durch seiner Donnertöne Gewalt zu erschüttern, wofür jeder Zuhörer die geringe Summe von zwei Groschen entrichtet, während alle Bierfied- ler besser bezahlt werden. Aber lange kann das nicht mehr dauern. Wir reisen jetzt nach der Residenz; dringende Empfehlungen werden bewirken, daß mein
der Kunſt, deren Prieſter mit wonnereicher Zuverſicht erlabend; ſo drang er auch zu uns und von ihm ermuthiget, ſendet mein Gatte, der, angegriffen von den erſchuͤtternden Morgenſtudien, einer nothwendi- gen Schlummerſtunde ſich hingiebt, mich, die liebende Gattin, mit dieſem Programme zu Jhnen, um Sie einzuladen, daß Sie ihm heute Abend Jhrer Gegen- wart Ehre goͤnnen moͤgen. Obwohl partheiiſch fuͤr ihn, — und wehe der Gattin, die es nicht waͤre fuͤr den Gefaͤhrten ihres Lebens, — darf ich doch, ohne Partheilichkeit, behaupten, daß er das Ueberſchwaͤng- liche leiſtet als deutſcher Kunſtredner, als Veredler heiligſter Gefuͤhle, als Verbreiter poetiſcher Schoͤnhei- ten. Leider noch ſind die Behoͤrden, deren Sorgfalt oͤffentliche Geſchmacksbildung anvertraut wurde, tief im Dunkeln uͤber die Verdienſte meines Gatten; lei- der noch muß er als Beguͤnſtigung von einzelnen Schulvorſtehern erbitten, daß ſie ihm erlauben, die junge Welt durch ſeiner Donnertoͤne Gewalt zu erſchuͤttern, wofuͤr jeder Zuhoͤrer die geringe Summe von zwei Groſchen entrichtet, waͤhrend alle Bierfied- ler beſſer bezahlt werden. Aber lange kann das nicht mehr dauern. Wir reiſen jetzt nach der Reſidenz; dringende Empfehlungen werden bewirken, daß mein
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der Kunſt, deren Prieſter mit wonnereicher Zuverſicht
erlabend; ſo drang er auch zu uns und von ihm
ermuthiget, ſendet mein Gatte, der, angegriffen von
den erſchuͤtternden Morgenſtudien, einer nothwendi-
gen Schlummerſtunde ſich hingiebt, mich, die liebende
Gattin, mit dieſem Programme zu Jhnen, um Sie
einzuladen, daß Sie ihm heute Abend Jhrer Gegen-
wart Ehre goͤnnen moͤgen. Obwohl partheiiſch fuͤr
ihn, — und wehe der Gattin, die es nicht waͤre fuͤr
den Gefaͤhrten ihres Lebens, — darf ich doch, ohne
Partheilichkeit, behaupten, daß er das Ueberſchwaͤng-
liche leiſtet als deutſcher Kunſtredner, als Veredler
heiligſter Gefuͤhle, als Verbreiter poetiſcher Schoͤnhei-
ten. Leider noch ſind die Behoͤrden, deren Sorgfalt
oͤffentliche Geſchmacksbildung anvertraut wurde, tief
im Dunkeln uͤber die Verdienſte meines Gatten; lei-
der noch muß er als Beguͤnſtigung von einzelnen
Schulvorſtehern erbitten, daß ſie ihm erlauben, die
junge Welt durch ſeiner Donnertoͤne Gewalt zu
erſchuͤttern, wofuͤr jeder Zuhoͤrer die geringe Summe
von zwei Groſchen entrichtet, waͤhrend alle Bierfied-
ler beſſer bezahlt werden. Aber lange kann das nicht
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/77>, abgerufen am 26.07.2024.
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