nicht weiter begegnet ist, schrieb ich Jhrem künftigen Gatten und gab ihm seine Schwüre zurück, seine Frei- heit, mit dem einzigen Vorbehalte, daß er sich bestrebe, Jhrer würdig zu werden.
Jch zweifle nicht, daß er diese meine Bedingung redlich erfüllt hat; an Jhrer Seite konnte er ja nicht anders. Und da eine glückliche Ehe volles Vertrauen bedingt, so wird Guido Jhnen unfehlbar von den Verirrungen seiner Jugend, wird Jhnen auch von mir erzählt haben. Deshalb darf ich nicht fürchten, Zwietracht zu erregen, wenn ich jetzt von meinem Sterbebette zu Jhnen rede; wenn ich Jhnen meinen Sohn -- den Sohn Jhres Gatten -- empfehle! Jch habe in unweiblichem Hochmuth, in eitlem Zorn, Eltern und Kind verlassen; habe das Dasein einer lieblosen Mutter, einer undankbaren Tochter, unter gold'nen Flittern und glänzendem Elend, im Wider- streit mit meines Herzens besserer Stimme geführt, bis zuletzt Krankheit und Lebensüberdruß, an der Hand des Mangels, mich dem offenen Grabe über- lieferten. An seinem Rande stehend, wurde mir noch ein Zeichen ewiger Gnade und Erbarmung zu Theil: Gott sandte mir meinen Sohn, daß er die letzten Tage der Sterbenden durch seine Nähe, durch sein
nicht weiter begegnet iſt, ſchrieb ich Jhrem kuͤnftigen Gatten und gab ihm ſeine Schwuͤre zuruͤck, ſeine Frei- heit, mit dem einzigen Vorbehalte, daß er ſich beſtrebe, Jhrer wuͤrdig zu werden.
Jch zweifle nicht, daß er dieſe meine Bedingung redlich erfuͤllt hat; an Jhrer Seite konnte er ja nicht anders. Und da eine gluͤckliche Ehe volles Vertrauen bedingt, ſo wird Guido Jhnen unfehlbar von den Verirrungen ſeiner Jugend, wird Jhnen auch von mir erzaͤhlt haben. Deshalb darf ich nicht fuͤrchten, Zwietracht zu erregen, wenn ich jetzt von meinem Sterbebette zu Jhnen rede; wenn ich Jhnen meinen Sohn — den Sohn Jhres Gatten — empfehle! Jch habe in unweiblichem Hochmuth, in eitlem Zorn, Eltern und Kind verlaſſen; habe das Daſein einer liebloſen Mutter, einer undankbaren Tochter, unter gold’nen Flittern und glaͤnzendem Elend, im Wider- ſtreit mit meines Herzens beſſerer Stimme gefuͤhrt, bis zuletzt Krankheit und Lebensuͤberdruß, an der Hand des Mangels, mich dem offenen Grabe uͤber- lieferten. An ſeinem Rande ſtehend, wurde mir noch ein Zeichen ewiger Gnade und Erbarmung zu Theil: Gott ſandte mir meinen Sohn, daß er die letzten Tage der Sterbenden durch ſeine Naͤhe, durch ſein
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nicht weiter begegnet iſt, ſchrieb ich Jhrem kuͤnftigen
Gatten und gab ihm ſeine Schwuͤre zuruͤck, ſeine Frei-
heit, mit dem einzigen Vorbehalte, daß er ſich beſtrebe,
Jhrer wuͤrdig zu werden.
Jch zweifle nicht, daß er dieſe meine Bedingung
redlich erfuͤllt hat; an Jhrer Seite konnte er ja nicht
anders. Und da eine gluͤckliche Ehe volles Vertrauen
bedingt, ſo wird Guido Jhnen unfehlbar von den
Verirrungen ſeiner Jugend, wird Jhnen auch von
mir erzaͤhlt haben. Deshalb darf ich nicht fuͤrchten,
Zwietracht zu erregen, wenn ich jetzt von meinem
Sterbebette zu Jhnen rede; wenn ich Jhnen meinen
Sohn — den Sohn Jhres Gatten — empfehle! Jch
habe in unweiblichem Hochmuth, in eitlem Zorn,
Eltern und Kind verlaſſen; habe das Daſein einer
liebloſen Mutter, einer undankbaren Tochter, unter
gold’nen Flittern und glaͤnzendem Elend, im Wider-
ſtreit mit meines Herzens beſſerer Stimme gefuͤhrt,
bis zuletzt Krankheit und Lebensuͤberdruß, an der
Hand des Mangels, mich dem offenen Grabe uͤber-
lieferten. An ſeinem Rande ſtehend, wurde mir noch
ein Zeichen ewiger Gnade und Erbarmung zu Theil:
Gott ſandte mir meinen Sohn, daß er die letzten
Tage der Sterbenden durch ſeine Naͤhe, durch ſein
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/34>, abgerufen am 05.07.2024.
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