Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.ihnen vorgestern drüben an der Landstraße begegnet. Zwei Bären, drei Affen, eine reichgeputzte Ziege, Aus Parma, Excellenza! antwortete der Mann. Anton reichte ihm einen Thaler, dann ergriff er "Was mag aus meinem armen Geronimo gewor- *) Es ist eine alte, unbegründete Sage, daß dieses Thier
(Hystrix cristata) von feindlichen anderen Thieren verfolgt, seine Stacheln als Waffen gegen jene schleudere! Wie gesagt, das ist ein Mährchen. Wahrheit aber ist, daß ich mit einem Kästchen wundervoll geschnittener Federkiele, einen solchen zum Griffel dienenden Stachel, von meiner berühmten Freundin, Luise Neumann, als Geschenk empfangen, und mit selbigem dies ganze Buch, folglich auch diese Zeilen geschrie- ben habe. H. ihnen vorgeſtern druͤben an der Landſtraße begegnet. Zwei Baͤren, drei Affen, eine reichgeputzte Ziege, Aus Parma, Excellenza! antwortete der Mann. Anton reichte ihm einen Thaler, dann ergriff er „Was mag aus meinem armen Geronimo gewor- *) Es iſt eine alte, unbegründete Sage, daß dieſes Thier
(Hystrix cristata) von feindlichen anderen Thieren verfolgt, ſeine Stacheln als Waffen gegen jene ſchleudere! Wie geſagt, das iſt ein Mährchen. Wahrheit aber iſt, daß ich mit einem Käſtchen wundervoll geſchnittener Federkiele, einen ſolchen zum Griffel dienenden Stachel, von meiner berühmten Freundin, Luiſe Neumann, als Geſchenk empfangen, und mit ſelbigem dies ganze Buch, folglich auch dieſe Zeilen geſchrie- ben habe. H. <TEI> <text> <back> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0221" n="217"/> ihnen vorgeſtern druͤben an der Landſtraße begegnet.<lb/><hi rendition="#aq">Cara memoria!</hi> Da, ſeh’n Sie nur.</p><lb/> <p>Zwei Baͤren, drei Affen, eine reichgeputzte Ziege,<lb/> ein galoppirendes Stachelſchwein<note place="foot" n="*)">Es iſt eine alte, unbegründete Sage, daß dieſes Thier<lb/><hi rendition="#aq">(Hystrix cristata)</hi> von feindlichen anderen Thieren verfolgt,<lb/> ſeine Stacheln als Waffen gegen jene ſchleudere! Wie geſagt,<lb/> das iſt ein Mährchen. Wahrheit aber iſt, daß ich mit einem<lb/> Käſtchen wundervoll geſchnittener Federkiele, einen ſolchen<lb/> zum Griffel dienenden Stachel, von meiner berühmten<lb/> Freundin, Luiſe Neumann, als Geſchenk empfangen, und mit<lb/> ſelbigem dies ganze Buch, folglich auch dieſe Zeilen geſchrie-<lb/> ben habe. <hi rendition="#et">H.</hi></note> und ein Eſel, wel-<lb/> cher die hoͤlzerne, inwendig mit Eiſenblech ausgefuͤt-<lb/> terte Behauſung des beſagten „Eiſenferkels“ zu tra-<lb/> gen verdammt war, verſammelten Liebenau’s ſchau-<lb/> luſtige Einwohnerſchaft in jubelndem Kreiſe um ihre<lb/> unfreiwilligen Uebungen. Als wir uns naͤherten,<lb/> oͤffnete ſich der Kreis; Anton, von Alt und Jung<lb/> herzlich begruͤßt, redete den alten Jtaliener an und<lb/> fragte, von wannen er ſtamme?</p><lb/> <p>Aus Parma, Excellenza! antwortete der Mann.</p><lb/> <p>Anton reichte ihm einen Thaler, dann ergriff er<lb/> haſtig meinen Arm und zog mich fort.</p><lb/> <p>„Was mag aus meinem armen Geronimo gewor-<lb/> den ſein?“ murmelte er im Gehen.</p> </div><lb/> </div> </div> </back> </text> </TEI> [217/0221]
ihnen vorgeſtern druͤben an der Landſtraße begegnet.
Cara memoria! Da, ſeh’n Sie nur.
Zwei Baͤren, drei Affen, eine reichgeputzte Ziege,
ein galoppirendes Stachelſchwein *) und ein Eſel, wel-
cher die hoͤlzerne, inwendig mit Eiſenblech ausgefuͤt-
terte Behauſung des beſagten „Eiſenferkels“ zu tra-
gen verdammt war, verſammelten Liebenau’s ſchau-
luſtige Einwohnerſchaft in jubelndem Kreiſe um ihre
unfreiwilligen Uebungen. Als wir uns naͤherten,
oͤffnete ſich der Kreis; Anton, von Alt und Jung
herzlich begruͤßt, redete den alten Jtaliener an und
fragte, von wannen er ſtamme?
Aus Parma, Excellenza! antwortete der Mann.
Anton reichte ihm einen Thaler, dann ergriff er
haſtig meinen Arm und zog mich fort.
„Was mag aus meinem armen Geronimo gewor-
den ſein?“ murmelte er im Gehen.
*) Es iſt eine alte, unbegründete Sage, daß dieſes Thier
(Hystrix cristata) von feindlichen anderen Thieren verfolgt,
ſeine Stacheln als Waffen gegen jene ſchleudere! Wie geſagt,
das iſt ein Mährchen. Wahrheit aber iſt, daß ich mit einem
Käſtchen wundervoll geſchnittener Federkiele, einen ſolchen
zum Griffel dienenden Stachel, von meiner berühmten
Freundin, Luiſe Neumann, als Geſchenk empfangen, und mit
ſelbigem dies ganze Buch, folglich auch dieſe Zeilen geſchrie-
ben habe. H.
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/221>, abgerufen am 27.07.2024. |