Ueberzeugung. Nicht Angst und Pein des Augen- blickes, nicht wandelbare Zerknirschung, die vor Ge- fahren kriecht und im Staube sich windet, nach über- standener Gefahr aber neu zu trotzen wagt! Nein, klares Wollen, aufrichtige Selbsterkenntniß, männ- liche Besonnenheit führt meine Feder und ich gelob' es mir, -- und Dir, Unsichtbarer! -- wenn Hedwig wieder aufersteht vom Grabe, wenn sie noch ein- mal lebt und liebt, -- nie mehr wird ein kindischer Wunsch, ein eitles Trachten, eine bange Regung so viel Einfluß über mich gewinnen, daß ich ihnen das Recht einräumte, sich zwischen mich und meinen Frie- den zu stellen. Welche Träume im Herzen mir auf- tauchen mögen, das kann ich heute nicht wissen; aber daß ich ihrer Herr werde, daß ich als Sieger aus jedem Kampfe mit ihnen hervorgehe, das schwör' ich mit heiligem Eidschwur, bei der qualvollen Prüfung dieser Stunde. So gewiß, wie ich jetzt die Kraft fand, meine glühendsten Zähren zurückzuhalten, mit hellem Blick und sicherer Hand diese Worte zu schrei- ben, -- so gewiß will ich durchführen, was ich hier beschworen!"
Ueberzeugung. Nicht Angſt und Pein des Augen- blickes, nicht wandelbare Zerknirſchung, die vor Ge- fahren kriecht und im Staube ſich windet, nach uͤber- ſtandener Gefahr aber neu zu trotzen wagt! Nein, klares Wollen, aufrichtige Selbſterkenntniß, maͤnn- liche Beſonnenheit fuͤhrt meine Feder und ich gelob’ es mir, — und Dir, Unſichtbarer! — wenn Hedwig wieder auferſteht vom Grabe, wenn ſie noch ein- mal lebt und liebt, — nie mehr wird ein kindiſcher Wunſch, ein eitles Trachten, eine bange Regung ſo viel Einfluß uͤber mich gewinnen, daß ich ihnen das Recht einraͤumte, ſich zwiſchen mich und meinen Frie- den zu ſtellen. Welche Traͤume im Herzen mir auf- tauchen moͤgen, das kann ich heute nicht wiſſen; aber daß ich ihrer Herr werde, daß ich als Sieger aus jedem Kampfe mit ihnen hervorgehe, das ſchwoͤr’ ich mit heiligem Eidſchwur, bei der qualvollen Pruͤfung dieſer Stunde. So gewiß, wie ich jetzt die Kraft fand, meine gluͤhendſten Zaͤhren zuruͤckzuhalten, mit hellem Blick und ſicherer Hand dieſe Worte zu ſchrei- ben, — ſo gewiß will ich durchfuͤhren, was ich hier beſchworen!“
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Ueberzeugung. Nicht Angſt und Pein des Augen-
blickes, nicht wandelbare Zerknirſchung, die vor Ge-
fahren kriecht und im Staube ſich windet, nach uͤber-
ſtandener Gefahr aber neu zu trotzen wagt! Nein,
klares Wollen, aufrichtige Selbſterkenntniß, maͤnn-
liche Beſonnenheit fuͤhrt meine Feder und ich gelob’
es mir, — und Dir, Unſichtbarer! — wenn Hedwig
wieder auferſteht vom Grabe, wenn ſie noch ein-
mal lebt und liebt, — nie mehr wird ein kindiſcher
Wunſch, ein eitles Trachten, eine bange Regung ſo
viel Einfluß uͤber mich gewinnen, daß ich ihnen das
Recht einraͤumte, ſich zwiſchen mich und meinen Frie-
den zu ſtellen. Welche Traͤume im Herzen mir auf-
tauchen moͤgen, das kann ich heute nicht wiſſen; aber
daß ich ihrer Herr werde, daß ich als Sieger aus
jedem Kampfe mit ihnen hervorgehe, das ſchwoͤr’ ich
mit heiligem Eidſchwur, bei der qualvollen Pruͤfung
dieſer Stunde. So gewiß, wie ich jetzt die Kraft
fand, meine gluͤhendſten Zaͤhren zuruͤckzuhalten, mit
hellem Blick und ſicherer Hand dieſe Worte zu ſchrei-
ben, — ſo gewiß will ich durchfuͤhren, was ich hier
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/196>, abgerufen am 27.07.2024.
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