Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Gesinnung für Hedwig in der Sanftmuth dieser Ottilie suchte freilich zu vermitteln und that es Da machte sich's denn erträglich; aber auch nur Während dieses Winters ordnete Anton seine Geſinnung fuͤr Hedwig in der Sanftmuth dieſer Ottilie ſuchte freilich zu vermitteln und that es Da machte ſich’s denn ertraͤglich; aber auch nur Waͤhrend dieſes Winters ordnete Anton ſeine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="181"/> Geſinnung fuͤr Hedwig in der Sanftmuth dieſer<lb/> mild-weiblichen Natur immer wieder neue Nahrung<lb/> gefunden und dadurch jeden moͤglichen Ausbruch von<lb/> Ungeduld oder Heftigkeit verhindert haͤtte. Sie gin-<lb/> gen, er und ſie, neben einander her, ſo vorſichtig, ſo<lb/> ſchonend, ſo ruͤckſichtsvoll, — ſie, als ob ſie ahnete,<lb/> daß in Antons Herzen ein wunder Fleck verborgen<lb/> ſei; er, als ob er verhuͤten wolle, daß die Frau ent-<lb/> decke, wo und warum er leide.</p><lb/> <p>Ottilie ſuchte freilich zu vermitteln und that es<lb/> mit Geiſt, Gemuͤth und gutem Willen.</p><lb/> <p>Da machte ſich’s denn ertraͤglich; aber auch nur<lb/> ertraͤglich.</p><lb/> <p>Waͤhrend dieſes Winters ordnete Anton ſeine<lb/> Tagebuͤcher. Wenn Hedwig ihn in ſeine Wirthſchafts-<lb/> rechnungen, Monatsſchluͤſſe und Forſt-Ausweiſe ver-<lb/> graben waͤhnte, erging er ſich — bei Froſt und Schnee<lb/> im warmen Gemache weilend, — in der Zeit des<lb/> Vagabundenlebens. Man ſollte meinen, die erneuerte<lb/> Erinnerung an all’ das uͤberſtandene Elend muͤſſe<lb/> ihm ſein gegenwaͤrtiges Gluͤck erſt im hellſten Lichte<lb/> vor die Augen geſtellt haben. Jm Gegentheil: was<lb/> ihn, da er es wandernd ertrug, wie eine ſchwere Laſt<lb/> bedruͤckt, das duͤnkte ihm jetzt ein verlorenes Gluͤck;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [181/0185]
Geſinnung fuͤr Hedwig in der Sanftmuth dieſer
mild-weiblichen Natur immer wieder neue Nahrung
gefunden und dadurch jeden moͤglichen Ausbruch von
Ungeduld oder Heftigkeit verhindert haͤtte. Sie gin-
gen, er und ſie, neben einander her, ſo vorſichtig, ſo
ſchonend, ſo ruͤckſichtsvoll, — ſie, als ob ſie ahnete,
daß in Antons Herzen ein wunder Fleck verborgen
ſei; er, als ob er verhuͤten wolle, daß die Frau ent-
decke, wo und warum er leide.
Ottilie ſuchte freilich zu vermitteln und that es
mit Geiſt, Gemuͤth und gutem Willen.
Da machte ſich’s denn ertraͤglich; aber auch nur
ertraͤglich.
Waͤhrend dieſes Winters ordnete Anton ſeine
Tagebuͤcher. Wenn Hedwig ihn in ſeine Wirthſchafts-
rechnungen, Monatsſchluͤſſe und Forſt-Ausweiſe ver-
graben waͤhnte, erging er ſich — bei Froſt und Schnee
im warmen Gemache weilend, — in der Zeit des
Vagabundenlebens. Man ſollte meinen, die erneuerte
Erinnerung an all’ das uͤberſtandene Elend muͤſſe
ihm ſein gegenwaͤrtiges Gluͤck erſt im hellſten Lichte
vor die Augen geſtellt haben. Jm Gegentheil: was
ihn, da er es wandernd ertrug, wie eine ſchwere Laſt
bedruͤckt, das duͤnkte ihm jetzt ein verlorenes Gluͤck;
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