Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Größeren zu verwirren. Das Auge des Herrn, des 12 *
Groͤßeren zu verwirren. Das Auge des Herrn, des 12 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0183" n="179"/> Groͤßeren zu verwirren. Das Auge des Herrn, des<lb/> Beſitzers, ſagte ſie, ſoll auch im Winter ſehen, for-<lb/> ſchen, pruͤfen und walten; auch im Winter giebt es<lb/> eine Menge laͤndlicher Beſchaͤftigungen, die Niemand<lb/> beſſer leiten und regeln mag, als er ſelbſt. Seine<lb/> Beamten, die Bewohner des Dorfes, Schaͤfer, Pferde-<lb/> knechte, Kuhmaͤgde und Ochſenjungen, Alle, bis auf<lb/> den Geringſten, ſollen wiſſen, daß er da iſt; daß er<lb/> dem Schlage der Holzaxt, daß er dem hellen Klange<lb/> der Dreſchflegel, daß er dem Schnurren des Spinn-<lb/> rades lauſcht; ſie ſollen wiſſen, daß in jenem Stuͤb-<lb/> chen, wo der Lichtſchein hinter den Vorhaͤngen ſchim-<lb/> mert, ihr Brodherr bei ſeiner Frau ſitzt und den<lb/> langen Winterabend nach vollbrachter Arbeit traulich<lb/> verplaudert. Sie ſollen wiſſen, daß die alte frierende<lb/> Frau aus dem Dorfe ſich dort oben eine Karre voll<lb/> Holz, daß die hungernden Bettelleute ein tuͤchtig<lb/> Stuͤck Brot, daß der kranke Greis eine Flaſche Wein<lb/> erbitten kann, bei der Herrſchaft. Mein verſtorbener<lb/> Vater hatte wohl viele Fehler und ich bin die letzte,<lb/> ihn zu vertheidigen, dennoch war er, trotz ſeiner Haͤrte<lb/> und Heftigkeit, beliebt bei den Leuten im Dorfe.<lb/> Warum? Weil er dreißig Jahre lang mit ihnen, unter<lb/> ihnen, bei ihnen lebte; weil er nichts weiter ſein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">12 *</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [179/0183]
Groͤßeren zu verwirren. Das Auge des Herrn, des
Beſitzers, ſagte ſie, ſoll auch im Winter ſehen, for-
ſchen, pruͤfen und walten; auch im Winter giebt es
eine Menge laͤndlicher Beſchaͤftigungen, die Niemand
beſſer leiten und regeln mag, als er ſelbſt. Seine
Beamten, die Bewohner des Dorfes, Schaͤfer, Pferde-
knechte, Kuhmaͤgde und Ochſenjungen, Alle, bis auf
den Geringſten, ſollen wiſſen, daß er da iſt; daß er
dem Schlage der Holzaxt, daß er dem hellen Klange
der Dreſchflegel, daß er dem Schnurren des Spinn-
rades lauſcht; ſie ſollen wiſſen, daß in jenem Stuͤb-
chen, wo der Lichtſchein hinter den Vorhaͤngen ſchim-
mert, ihr Brodherr bei ſeiner Frau ſitzt und den
langen Winterabend nach vollbrachter Arbeit traulich
verplaudert. Sie ſollen wiſſen, daß die alte frierende
Frau aus dem Dorfe ſich dort oben eine Karre voll
Holz, daß die hungernden Bettelleute ein tuͤchtig
Stuͤck Brot, daß der kranke Greis eine Flaſche Wein
erbitten kann, bei der Herrſchaft. Mein verſtorbener
Vater hatte wohl viele Fehler und ich bin die letzte,
ihn zu vertheidigen, dennoch war er, trotz ſeiner Haͤrte
und Heftigkeit, beliebt bei den Leuten im Dorfe.
Warum? Weil er dreißig Jahre lang mit ihnen, unter
ihnen, bei ihnen lebte; weil er nichts weiter ſein
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