"Es ist mir wohl so, -- gleich, wie ich den Herrn hinter'm Ofen sitzen seh'n, hatt' ich einen Gedanken, -- es könnte Einer sein -- unmöglich!"
Was für Einer?
"Nu, halt Einer, der vor vielen Jahren ein- mal hier durchwanderte. Ein hübsches, junges Blut. Hab' oft an ihn gedacht."
Mit einem Papagey auf dem Rücken?
"Weiß Gott, der Herr weiß es! Sollte doch ... ja, meiner Seele, es ist nämliche Person -- -- so seid Jhr nicht der Herr von Liebenau? So seid Jhr mein armer, hübscher Wanderbursch, an den ich so oft gedacht hab'!? Nein, was doch Alles auf Erden vor- geht, 's ist entsetzlich! Muß ich Euch noch wieder- sehen! Freilich, dazumal war ich eine leidliche Frau, noch nicht lange unter der Haube. Jetzt bin ich ein altes Weib geworden, das machen die vielen Kinder, die schwere Arbeit. Aber Jhr seid desto schöner, nur ein Bissel blaß im Angesicht, aber das läßt vornehm. Und zu Pferde seid Jhr gar! Treibt Jhr Euch noch immer so herum?"
„Bin mein Leben nicht nach Liebenau gekommen.“
Beſinnt Euch nicht auf mich?
„Es iſt mir wohl ſo, — gleich, wie ich den Herrn hinter’m Ofen ſitzen ſeh’n, hatt’ ich einen Gedanken, — es koͤnnte Einer ſein — unmoͤglich!“
Was fuͤr Einer?
„Nu, halt Einer, der vor vielen Jahren ein- mal hier durchwanderte. Ein huͤbſches, junges Blut. Hab’ oft an ihn gedacht.“
Mit einem Papagey auf dem Ruͤcken?
„Weiß Gott, der Herr weiß es! Sollte doch ... ja, meiner Seele, es iſt naͤmliche Perſon — — ſo ſeid Jhr nicht der Herr von Liebenau? So ſeid Jhr mein armer, huͤbſcher Wanderburſch, an den ich ſo oft gedacht hab’!? Nein, was doch Alles auf Erden vor- geht, ’s iſt entſetzlich! Muß ich Euch noch wieder- ſehen! Freilich, dazumal war ich eine leidliche Frau, noch nicht lange unter der Haube. Jetzt bin ich ein altes Weib geworden, das machen die vielen Kinder, die ſchwere Arbeit. Aber Jhr ſeid deſto ſchoͤner, nur ein Biſſel blaß im Angeſicht, aber das laͤßt vornehm. Und zu Pferde ſeid Jhr gar! Treibt Jhr Euch noch immer ſo herum?“
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0178"n="174"/><p>„Bin mein Leben nicht nach Liebenau gekommen.“</p><lb/><p>Beſinnt Euch nicht auf mich?</p><lb/><p>„Es iſt mir wohl ſo, — gleich, wie ich den Herrn<lb/>
hinter’m Ofen ſitzen ſeh’n, hatt’ ich einen Gedanken,<lb/>— es koͤnnte Einer ſein — unmoͤglich!“</p><lb/><p>Was fuͤr Einer?</p><lb/><p>„Nu, halt Einer, der vor vielen Jahren ein-<lb/>
mal hier durchwanderte. Ein huͤbſches, junges Blut.<lb/>
Hab’ oft an ihn gedacht.“</p><lb/><p>Mit einem Papagey auf dem Ruͤcken?</p><lb/><p>„Weiß Gott, der Herr weiß es! Sollte doch ...<lb/>
ja, meiner Seele, es iſt naͤmliche Perſon ——ſo ſeid<lb/>
Jhr nicht der Herr von Liebenau? So ſeid Jhr mein<lb/>
armer, huͤbſcher Wanderburſch, an den ich ſo oft<lb/>
gedacht hab’!? Nein, was doch Alles auf Erden vor-<lb/>
geht, ’s iſt entſetzlich! Muß ich Euch noch wieder-<lb/>ſehen! Freilich, dazumal war ich eine leidliche Frau,<lb/>
noch nicht lange unter der Haube. Jetzt bin ich ein<lb/>
altes Weib geworden, das machen die vielen Kinder,<lb/>
die ſchwere Arbeit. Aber Jhr ſeid deſto ſchoͤner, nur<lb/>
ein Biſſel blaß im Angeſicht, aber das laͤßt vornehm.<lb/>
Und zu Pferde ſeid Jhr gar! Treibt Jhr Euch noch<lb/>
immer ſo herum?“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[174/0178]
„Bin mein Leben nicht nach Liebenau gekommen.“
Beſinnt Euch nicht auf mich?
„Es iſt mir wohl ſo, — gleich, wie ich den Herrn
hinter’m Ofen ſitzen ſeh’n, hatt’ ich einen Gedanken,
— es koͤnnte Einer ſein — unmoͤglich!“
Was fuͤr Einer?
„Nu, halt Einer, der vor vielen Jahren ein-
mal hier durchwanderte. Ein huͤbſches, junges Blut.
Hab’ oft an ihn gedacht.“
Mit einem Papagey auf dem Ruͤcken?
„Weiß Gott, der Herr weiß es! Sollte doch ...
ja, meiner Seele, es iſt naͤmliche Perſon — — ſo ſeid
Jhr nicht der Herr von Liebenau? So ſeid Jhr mein
armer, huͤbſcher Wanderburſch, an den ich ſo oft
gedacht hab’!? Nein, was doch Alles auf Erden vor-
geht, ’s iſt entſetzlich! Muß ich Euch noch wieder-
ſehen! Freilich, dazumal war ich eine leidliche Frau,
noch nicht lange unter der Haube. Jetzt bin ich ein
altes Weib geworden, das machen die vielen Kinder,
die ſchwere Arbeit. Aber Jhr ſeid deſto ſchoͤner, nur
ein Biſſel blaß im Angeſicht, aber das laͤßt vornehm.
Und zu Pferde ſeid Jhr gar! Treibt Jhr Euch noch
immer ſo herum?“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/178>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.