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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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zu nehmen, als nachzuahmen, was viele Gemeinden
in der Nachbarschaft bereits gethan hatten. Der alte
Vormäher vom Oberhofe ließ sich darüber etwa
so aus:

"Jst's nicht gescheidter, wir tragen Glück und
Unglück, gute Jahre und Mißwachs zu gleichen Thei-
len mit dem Dominium, statt daß wir Tagelöhner
vorstellen und uns in Gelde bezahlen lassen? Jetzt
kommt der Herr, oder meinetwegen der Verwalter,
und fragen, was meint Jhr, Leute, wollen wir hauen,
oder warten wir noch? Oder wo fangen wir heuer
an? Oder was meint Jhr vom Wetter? Wird's heim-
lich bleiben? Nu ja, warum sollen sie uns nicht fra-
gen; 's ist ja unser eigener Vortheil, wenn's gut geht
und wir bringen das Bissel Gottessegen trocken unter
Dach. Jch arbeite doch lieber, wenn ich für mich
mit arbeite. So 'n Tagelöhner fragt den Gukuk
danach, was verdirbt, oder nicht. Und seinen Lohn
versauft er und im Winter hat er nichts zu fressen."

Deshalb hatten sich dit Liebenauer noch nicht von
ihren Hofediensten abgelöset, und bewahrten auf diese
Weise noch ein letztes Restchen patriarchalischer Ueber-
lieferung in ihren Hütten, auf ihren Feldern, in ihren
Herzen.

zu nehmen, als nachzuahmen, was viele Gemeinden
in der Nachbarſchaft bereits gethan hatten. Der alte
Vormaͤher vom Oberhofe ließ ſich daruͤber etwa
ſo aus:

„Jſt’s nicht geſcheidter, wir tragen Gluͤck und
Ungluͤck, gute Jahre und Mißwachs zu gleichen Thei-
len mit dem Dominium, ſtatt daß wir Tageloͤhner
vorſtellen und uns in Gelde bezahlen laſſen? Jetzt
kommt der Herr, oder meinetwegen der Verwalter,
und fragen, was meint Jhr, Leute, wollen wir hauen,
oder warten wir noch? Oder wo fangen wir heuer
an? Oder was meint Jhr vom Wetter? Wird’s heim-
lich bleiben? Nu ja, warum ſollen ſie uns nicht fra-
gen; ’s iſt ja unſer eigener Vortheil, wenn’s gut geht
und wir bringen das Biſſel Gottesſegen trocken unter
Dach. Jch arbeite doch lieber, wenn ich fuͤr mich
mit arbeite. So ’n Tageloͤhner fragt den Gukuk
danach, was verdirbt, oder nicht. Und ſeinen Lohn
verſauft er und im Winter hat er nichts zu freſſen.“

Deshalb hatten ſich dit Liebenauer noch nicht von
ihren Hofedienſten abgeloͤſet, und bewahrten auf dieſe
Weiſe noch ein letztes Reſtchen patriarchaliſcher Ueber-
lieferung in ihren Huͤtten, auf ihren Feldern, in ihren
Herzen.

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[168/0172] zu nehmen, als nachzuahmen, was viele Gemeinden in der Nachbarſchaft bereits gethan hatten. Der alte Vormaͤher vom Oberhofe ließ ſich daruͤber etwa ſo aus: „Jſt’s nicht geſcheidter, wir tragen Gluͤck und Ungluͤck, gute Jahre und Mißwachs zu gleichen Thei- len mit dem Dominium, ſtatt daß wir Tageloͤhner vorſtellen und uns in Gelde bezahlen laſſen? Jetzt kommt der Herr, oder meinetwegen der Verwalter, und fragen, was meint Jhr, Leute, wollen wir hauen, oder warten wir noch? Oder wo fangen wir heuer an? Oder was meint Jhr vom Wetter? Wird’s heim- lich bleiben? Nu ja, warum ſollen ſie uns nicht fra- gen; ’s iſt ja unſer eigener Vortheil, wenn’s gut geht und wir bringen das Biſſel Gottesſegen trocken unter Dach. Jch arbeite doch lieber, wenn ich fuͤr mich mit arbeite. So ’n Tageloͤhner fragt den Gukuk danach, was verdirbt, oder nicht. Und ſeinen Lohn verſauft er und im Winter hat er nichts zu freſſen.“ Deshalb hatten ſich dit Liebenauer noch nicht von ihren Hofedienſten abgeloͤſet, und bewahrten auf dieſe Weiſe noch ein letztes Reſtchen patriarchaliſcher Ueber- lieferung in ihren Huͤtten, auf ihren Feldern, in ihren Herzen.

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/172>, abgerufen am 24.11.2024.