hatte mir's versprochen, wollte mir den Vorzug gön- nen. Jetzt, nichts da; jetzt bleiben wir beisammen und morgen sag' ich's ihm.
"Dann will ich Dir die Uniform herzlich gern hervorsuchen, Vater, will sie ausklopfen und bürsten, als ob der König hier wäre; denn sobald ich bei Dir bleiben darf, ist mein liebster, mein einziger Wunsch erfüllt; ja, mein einziger: ich habe jetzt keinen ande- ren mehr."
Der Rittmeister holte wieder einen von den tiefen Seufzern aus der Brust heraus, mit denen er seit einigen Monaten sehr freigebig war und setzte hinzu: wollte Gott, Du dürftest noch andere Wünsche hegen, wärmere, Deiner Jugend und Schönheit mehr ange- messene! Wollte Gott, Du dürftest sie hegen -- und ich könnte sie erfüllen!
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als man weibliches Geflüster und das Geräusch eines Männertrittes auf dem Flur vernahm; bald nachher wurde angepocht. Hedwig ging, zu öffnen. Ein Stubenmädchen aus dem Gasthofe stand vor der Thür und indem sie einen Livreediener mit den Worten: hier ist's! vorschob, lief sie verlegen und eilig davon.
Der Diener fragte nach dem Rittmeister. Hedwig
hatte mir’s verſprochen, wollte mir den Vorzug goͤn- nen. Jetzt, nichts da; jetzt bleiben wir beiſammen und morgen ſag’ ich’s ihm.
„Dann will ich Dir die Uniform herzlich gern hervorſuchen, Vater, will ſie ausklopfen und buͤrſten, als ob der Koͤnig hier waͤre; denn ſobald ich bei Dir bleiben darf, iſt mein liebſter, mein einziger Wunſch erfuͤllt; ja, mein einziger: ich habe jetzt keinen ande- ren mehr.“
Der Rittmeiſter holte wieder einen von den tiefen Seufzern aus der Bruſt heraus, mit denen er ſeit einigen Monaten ſehr freigebig war und ſetzte hinzu: wollte Gott, Du duͤrfteſt noch andere Wuͤnſche hegen, waͤrmere, Deiner Jugend und Schoͤnheit mehr ange- meſſene! Wollte Gott, Du duͤrfteſt ſie hegen — und ich koͤnnte ſie erfuͤllen!
Kaum hatte er dieſe Worte ausgeſprochen, als man weibliches Gefluͤſter und das Geraͤuſch eines Maͤnnertrittes auf dem Flur vernahm; bald nachher wurde angepocht. Hedwig ging, zu oͤffnen. Ein Stubenmaͤdchen aus dem Gaſthofe ſtand vor der Thuͤr und indem ſie einen Livreediener mit den Worten: hier iſt’s! vorſchob, lief ſie verlegen und eilig davon.
Der Diener fragte nach dem Rittmeiſter. Hedwig
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hatte mir’s verſprochen, wollte mir den Vorzug goͤn-
nen. Jetzt, nichts da; jetzt bleiben wir beiſammen
und morgen ſag’ ich’s ihm.
„Dann will ich Dir die Uniform herzlich gern
hervorſuchen, Vater, will ſie ausklopfen und buͤrſten,
als ob der Koͤnig hier waͤre; denn ſobald ich bei Dir
bleiben darf, iſt mein liebſter, mein einziger Wunſch
erfuͤllt; ja, mein einziger: ich habe jetzt keinen ande-
ren mehr.“
Der Rittmeiſter holte wieder einen von den tiefen
Seufzern aus der Bruſt heraus, mit denen er ſeit
einigen Monaten ſehr freigebig war und ſetzte hinzu:
wollte Gott, Du duͤrfteſt noch andere Wuͤnſche hegen,
waͤrmere, Deiner Jugend und Schoͤnheit mehr ange-
meſſene! Wollte Gott, Du duͤrfteſt ſie hegen — und
ich koͤnnte ſie erfuͤllen!
Kaum hatte er dieſe Worte ausgeſprochen, als
man weibliches Gefluͤſter und das Geraͤuſch eines
Maͤnnertrittes auf dem Flur vernahm; bald nachher
wurde angepocht. Hedwig ging, zu oͤffnen. Ein
Stubenmaͤdchen aus dem Gaſthofe ſtand vor der Thuͤr
und indem ſie einen Livreediener mit den Worten:
hier iſt’s! vorſchob, lief ſie verlegen und eilig davon.
Der Diener fragte nach dem Rittmeiſter. Hedwig
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/143>, abgerufen am 26.07.2024.
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