Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.den Arm, streichelte ihre Locken und fragte unzählige- Es war rührend mit anzuschauen, wie sie sich Doch er ließ sich nicht täuschen; er wußte nur zu 9*
den Arm, ſtreichelte ihre Locken und fragte unzaͤhlige- Es war ruͤhrend mit anzuſchauen, wie ſie ſich Doch er ließ ſich nicht taͤuſchen; er wußte nur zu 9*
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den Arm, ſtreichelte ihre Locken und fragte unzaͤhlige-
male im Laufe eines Tages: haſt Du den lahmen
Kruͤppel, den grauſamen Vater, den barbariſchen
Kerkermeiſter wirklich noch ein Bischen lieb, Hedwig?
Es war ruͤhrend mit anzuſchauen, wie ſie ſich
bemuͤhte, ihn zu taͤuſchen, die Sehnſucht ihres Her-
zens vor ihm zu verbergen und frohen Muthes zu
ſcheinen, wo doch die arme Seele im Grame ſchier
verging.
Doch er ließ ſich nicht taͤuſchen; er wußte nur zu
gut, woran er glauben ſollte; wußte nur zu gut, daß
mit Anton ſeines ſanften Maͤdchens Freude fuͤr immer
entwichen ſei! Ach, wie oft ſchon, ſeit jener ſchwarzen
Stunde, wo er, von heftigen Schmerzen gequaͤlt, das
halbverroſtete Schwert gegen ihn zuͤckte, und ſie zwi-
ſchen ihm und ſich waͤhlen hieß; ... wie oft ſeitdem
hat er es bitter bereut, ſo gewaltſam gehandelt, ſo
ruͤckſichtslos jeden Vorſchlag zur Guͤte abgewieſen,
jede Ausgleichung unmoͤglich gemacht zu haben!
Dabei vermied er, des Verwieſenen Namen auszu-
ſprechen. Er behandelte Hedwig wie eine Kranke,
und dabei pflegte ſie ihn, fuͤhrte ihn, die gute Tochter,
wie eine Mutter ihr ſchwaͤchliches Kind. So lange
er, durch ſeine Schmerzen muͤrriſch gemacht, ſie mit
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