Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Antrag hab' ich erwartet. Wie ich vernommen, was Antrag hab’ ich erwartet. Wie ich vernommen, was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0126" n="122"/> Antrag hab’ ich erwartet. Wie ich vernommen, was<lb/> geſtern auf dem Schloſſe geſchehen, wußte ich, daß<lb/> Anton Hahn kommen wuͤrde, mir ſeine Hand zu bie-<lb/> ten. Jch wuͤrde mich auch betruͤbt haben, — um<lb/> ſeinetwillen, wenn er es nicht gethan. Denn es iſt<lb/> ſeines guten, edlen Herzens wuͤrdig; iſt des Antons<lb/> wuͤrdig, den ich liebte ſeit meinen Kinderjahren, den<lb/> ich heute noch liebe, unveraͤndert, wie ich ihn lieben<lb/> werde bis zum letzten Lebenshauche. Mein Gott,<lb/> wie ſollt’ ich’s anfangen, Dich nicht zu lieben, Anton;<lb/> Dich, Du Wonne und Schmerz meines ganzen trau-<lb/> rigen Lebens. Ja, ja, ſo wahr ich lebe, ich liebe<lb/> Dich! Aber, ſo wahr ich lebe, Du liebſt mich nicht.<lb/> Jch war Deiner Knabenzeit Morgentraum ... der<lb/> Mann hat ausgetraͤumt. Du haſt gelebt drauſſen,<lb/> und geliebt, und vergeſſen und wieder geliebt ...<lb/> wie koͤnnt’ es anders ſein. Jch mußte Dir gleich-<lb/> guͤltig werden. Nun kommſt Du heim, da regen ſich<lb/> die begrabenen Erinnerungen im Schooße der Erde;<lb/> ſaͤuſeln herauf durch Gras, daß die duͤnnen Halme<lb/> zittern und kleine Angerbluͤmchen weinen. Die ſanfte<lb/> Abendmelodie ruͤhrt Dich — Du nimmſt Vergangen-<lb/> heit fuͤr Gegenwart? ... Aber Du liebſt mich nicht.<lb/> Was auch ſollteſt Du an mir lieben? Die ſtolze Toch-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0126]
Antrag hab’ ich erwartet. Wie ich vernommen, was
geſtern auf dem Schloſſe geſchehen, wußte ich, daß
Anton Hahn kommen wuͤrde, mir ſeine Hand zu bie-
ten. Jch wuͤrde mich auch betruͤbt haben, — um
ſeinetwillen, wenn er es nicht gethan. Denn es iſt
ſeines guten, edlen Herzens wuͤrdig; iſt des Antons
wuͤrdig, den ich liebte ſeit meinen Kinderjahren, den
ich heute noch liebe, unveraͤndert, wie ich ihn lieben
werde bis zum letzten Lebenshauche. Mein Gott,
wie ſollt’ ich’s anfangen, Dich nicht zu lieben, Anton;
Dich, Du Wonne und Schmerz meines ganzen trau-
rigen Lebens. Ja, ja, ſo wahr ich lebe, ich liebe
Dich! Aber, ſo wahr ich lebe, Du liebſt mich nicht.
Jch war Deiner Knabenzeit Morgentraum ... der
Mann hat ausgetraͤumt. Du haſt gelebt drauſſen,
und geliebt, und vergeſſen und wieder geliebt ...
wie koͤnnt’ es anders ſein. Jch mußte Dir gleich-
guͤltig werden. Nun kommſt Du heim, da regen ſich
die begrabenen Erinnerungen im Schooße der Erde;
ſaͤuſeln herauf durch Gras, daß die duͤnnen Halme
zittern und kleine Angerbluͤmchen weinen. Die ſanfte
Abendmelodie ruͤhrt Dich — Du nimmſt Vergangen-
heit fuͤr Gegenwart? ... Aber Du liebſt mich nicht.
Was auch ſollteſt Du an mir lieben? Die ſtolze Toch-
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