Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.Als der Morgen anbrach schlug Anton die Augen auf. Adele! sprach er; Adele! Endlich gefunden! Und leise wurde ihm geantwortet: "Adele ist gestor- Anton blickte umher in den Räumen die ihn auf- Sie war also entwichen, um der Welt und ihm Als der Morgen anbrach ſchlug Anton die Augen auf. Adele! ſprach er; Adele! Endlich gefunden! Und leiſe wurde ihm geantwortet: „Adele iſt geſtor- Anton blickte umher in den Raͤumen die ihn auf- Sie war alſo entwichen, um der Welt und ihm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0009" n="5"/> <p>Als der Morgen anbrach ſchlug Anton die Augen auf.</p><lb/> <p>Adele! ſprach er; Adele! Endlich gefunden!</p><lb/> <p>Und leiſe wurde ihm geantwortet: „Adele iſt geſtor-<lb/> ben. Jch bin die Schweſter Antonina.“ —</p><lb/> <p>Anton blickte umher in den Raͤumen die ihn auf-<lb/> genommen. Er wußte nicht mehr, wie er hierher<lb/> kam! Aber er begriff, wo er war. Er begriff, wer<lb/> ihn von der Straße, wo er huͤlflos lag, aufgehoben<lb/> und vor qualvollem Hungertode, vor Wahnſinn<lb/> geborgen. Doch eben ſo begriff er mit jenem ſchar-<lb/> fen Ahnungsvermoͤgen der Seele, welches haͤufig<lb/> durch koͤrperliche Leiden, vorzuͤglich aber in Zuſtaͤnden<lb/> ohnmaͤchtigſter Ermattung ſich bis zum Hellſehen<lb/> ſteigert, was mit Adelen vorgegangen; erinnerte ſich,<lb/> — <hi rendition="#g">jetzt erſt,</hi> wo er wiederum daniederlag! —<lb/> jener Aeußerungen, die ſie damals an ſeinem erſten<lb/> Krankenlager von der heil. Jungfrau und von einem<lb/> Geluͤbde gethan.</p><lb/> <p>Sie war alſo entwichen, um der Welt und <hi rendition="#g">ihm</hi><lb/> zu entfliehen; hatte ſich hier dem Beruf hingegeben,<lb/> in welchem ſie Troͤſtung ſuchte fuͤr ihres Lebens Weh!<lb/> Und nun hatte er ſie gefunden, nur um zu erfahren,<lb/> daß er ſie fuͤr immer verloren, daß Adele Jartour<lb/> todt ſei fuͤr ihn.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [5/0009]
Als der Morgen anbrach ſchlug Anton die Augen auf.
Adele! ſprach er; Adele! Endlich gefunden!
Und leiſe wurde ihm geantwortet: „Adele iſt geſtor-
ben. Jch bin die Schweſter Antonina.“ —
Anton blickte umher in den Raͤumen die ihn auf-
genommen. Er wußte nicht mehr, wie er hierher
kam! Aber er begriff, wo er war. Er begriff, wer
ihn von der Straße, wo er huͤlflos lag, aufgehoben
und vor qualvollem Hungertode, vor Wahnſinn
geborgen. Doch eben ſo begriff er mit jenem ſchar-
fen Ahnungsvermoͤgen der Seele, welches haͤufig
durch koͤrperliche Leiden, vorzuͤglich aber in Zuſtaͤnden
ohnmaͤchtigſter Ermattung ſich bis zum Hellſehen
ſteigert, was mit Adelen vorgegangen; erinnerte ſich,
— jetzt erſt, wo er wiederum daniederlag! —
jener Aeußerungen, die ſie damals an ſeinem erſten
Krankenlager von der heil. Jungfrau und von einem
Geluͤbde gethan.
Sie war alſo entwichen, um der Welt und ihm
zu entfliehen; hatte ſich hier dem Beruf hingegeben,
in welchem ſie Troͤſtung ſuchte fuͤr ihres Lebens Weh!
Und nun hatte er ſie gefunden, nur um zu erfahren,
daß er ſie fuͤr immer verloren, daß Adele Jartour
todt ſei fuͤr ihn.
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