Als der Morgen anbrach schlug Anton die Augen auf.
Adele! sprach er; Adele! Endlich gefunden!
Und leise wurde ihm geantwortet: "Adele ist gestor- ben. Jch bin die Schwester Antonina." --
Anton blickte umher in den Räumen die ihn auf- genommen. Er wußte nicht mehr, wie er hierher kam! Aber er begriff, wo er war. Er begriff, wer ihn von der Straße, wo er hülflos lag, aufgehoben und vor qualvollem Hungertode, vor Wahnsinn geborgen. Doch eben so begriff er mit jenem schar- fen Ahnungsvermögen der Seele, welches häufig durch körperliche Leiden, vorzüglich aber in Zuständen ohnmächtigster Ermattung sich bis zum Hellsehen steigert, was mit Adelen vorgegangen; erinnerte sich, -- jetzt erst, wo er wiederum daniederlag! -- jener Aeußerungen, die sie damals an seinem ersten Krankenlager von der heil. Jungfrau und von einem Gelübde gethan.
Sie war also entwichen, um der Welt und ihm zu entfliehen; hatte sich hier dem Beruf hingegeben, in welchem sie Tröstung suchte für ihres Lebens Weh! Und nun hatte er sie gefunden, nur um zu erfahren, daß er sie für immer verloren, daß Adele Jartour todt sei für ihn.
Als der Morgen anbrach ſchlug Anton die Augen auf.
Adele! ſprach er; Adele! Endlich gefunden!
Und leiſe wurde ihm geantwortet: „Adele iſt geſtor- ben. Jch bin die Schweſter Antonina.“ —
Anton blickte umher in den Raͤumen die ihn auf- genommen. Er wußte nicht mehr, wie er hierher kam! Aber er begriff, wo er war. Er begriff, wer ihn von der Straße, wo er huͤlflos lag, aufgehoben und vor qualvollem Hungertode, vor Wahnſinn geborgen. Doch eben ſo begriff er mit jenem ſchar- fen Ahnungsvermoͤgen der Seele, welches haͤufig durch koͤrperliche Leiden, vorzuͤglich aber in Zuſtaͤnden ohnmaͤchtigſter Ermattung ſich bis zum Hellſehen ſteigert, was mit Adelen vorgegangen; erinnerte ſich, — jetzt erſt, wo er wiederum daniederlag! — jener Aeußerungen, die ſie damals an ſeinem erſten Krankenlager von der heil. Jungfrau und von einem Geluͤbde gethan.
Sie war alſo entwichen, um der Welt und ihm zu entfliehen; hatte ſich hier dem Beruf hingegeben, in welchem ſie Troͤſtung ſuchte fuͤr ihres Lebens Weh! Und nun hatte er ſie gefunden, nur um zu erfahren, daß er ſie fuͤr immer verloren, daß Adele Jartour todt ſei fuͤr ihn.
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Als der Morgen anbrach ſchlug Anton die Augen auf.
Adele! ſprach er; Adele! Endlich gefunden!
Und leiſe wurde ihm geantwortet: „Adele iſt geſtor-
ben. Jch bin die Schweſter Antonina.“ —
Anton blickte umher in den Raͤumen die ihn auf-
genommen. Er wußte nicht mehr, wie er hierher
kam! Aber er begriff, wo er war. Er begriff, wer
ihn von der Straße, wo er huͤlflos lag, aufgehoben
und vor qualvollem Hungertode, vor Wahnſinn
geborgen. Doch eben ſo begriff er mit jenem ſchar-
fen Ahnungsvermoͤgen der Seele, welches haͤufig
durch koͤrperliche Leiden, vorzuͤglich aber in Zuſtaͤnden
ohnmaͤchtigſter Ermattung ſich bis zum Hellſehen
ſteigert, was mit Adelen vorgegangen; erinnerte ſich,
— jetzt erſt, wo er wiederum daniederlag! —
jener Aeußerungen, die ſie damals an ſeinem erſten
Krankenlager von der heil. Jungfrau und von einem
Geluͤbde gethan.
Sie war alſo entwichen, um der Welt und ihm
zu entfliehen; hatte ſich hier dem Beruf hingegeben,
in welchem ſie Troͤſtung ſuchte fuͤr ihres Lebens Weh!
Und nun hatte er ſie gefunden, nur um zu erfahren,
daß er ſie fuͤr immer verloren, daß Adele Jartour
todt ſei fuͤr ihn.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/9>, abgerufen am 05.07.2024.
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